Bad Vilbel. Gastfreundschaft wird groß geschrieben in der Familie Amuroglu. So war der Geburtstagstisch von Zekiye Amuroglu am Dienstag bereits vormittags reichlich mit süßen und deftigen Speisen festlich gedeckt. Bürgermeister Thomas Stöhr überbrachte der Migrantin die Glückwünsche der Stadt zum 90. Geburtstag.
Gewünscht hatte sie sich nur eins: Gesundheit. „Wir haben ihr aber auch Blumen geschenkt und Marmorkuchen, ihren Lieblingskuchen, gebacken“, berichtet Tochter Jildez. Zekiye Amuroglu blickt auf ein entbehrungs- und arbeitsreiches Leben zurück. Geboren wurde sie am 15. September 1919 im südtürkischen Dorf Mardin an der Grenze zu Syrien. Ihre Familie ist christlich-orthodox. Lesen, Schreiben und Rechnen hat die Neunzigjährige nie gelernt, da sie aus Angst vor muslimischen Übergriffen nie eine Schule besuchte. In ihrem Dorf lernte sie Schneiderin. Mit 16 Jahren heiratete sie ihren Cousin Arbid Amuroglu. Mit 17 Jahren wurde sie zum ersten Mal mit Tochter Sefika Mutter. Im Lauf der Jahre brachte sie mit Sohn Zan, Tochter Güller, Sohn Suphi und Tochter Jildez noch vier weitere Kinder auf die Welt.
Ihr Mann starb 1958 nach langer Krankheit. Zekiye Amuroglu, die von Kindesbeinen an gewohnt war, hart zu arbeiten, klagte nicht. Sie packte kräftig an, brannte Schnaps, kelterte Wein und nähte Kleider, um sich und ihre Kinder zu ernähren. Mit Lebensmittelspenden unterstützt wurde sie von ihrem Schwager. Die Familie zog 1965 nach Istanbul.
Sohn Suphi kam im November 1978 nach Bad Vilbel, wo er bis zum Konkurs seines Arbeitgebers 30 Jahre lang beschäftigt war. Seine Familie zog im März 1979 nach. „Wir haben unsere Mutter im Oktober 1988 zu uns geholt. Seither wohnt sie bei uns. In der Türkei bekommt sie keine Rente und hier hat sie nur Aufenthaltsrecht, weil wir uns verpflichtet haben, für sie zu sorgen.“ Bis vor wenigen Jahren gehörten Nähen, Stricken und Häkeln neben dem Haushalt führen zu den liebsten Beschäftigungen der Jubilarin. Heute sieht die Jubilarin am liebsten fern, vor allem türkische und arabische Sender, denn sie spricht kein Deutsch. Und sie reiste bis vor einigen Jahren noch gern. Vor allem in die USA, wo zwei ihrer Brüder lebten.
Glückwünsche zum Geburtstag von drei ihrer Kinder, ihren zwölf Enkeln und 15 Ur-Enkeln treffen aus den USA, Frankreich, der Türkei, Schweden und dem Libanon in Bad Vilbel ein. (fau)