40 Tage vor der Bundestagswahl läuft der Wahlkampf nur langsam an. Für den Auftritt von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen jedenfalls interessierten sich in der CDU-Hochburg Bad Vilbel nur etwa 230 Besucher. Sie forderte von der Politik mehr Mut zur Veränderung, doch Applaus gibt es vor allem für Kritik an der SPD.
Bad Viblel. War es das Gewitter, das kurz vorher über die Region zog? Oder die Zeit an einem Werktag-Nachmittag? Obwohl mit dem Auftritt von Ursula von der Leyen, der Verteidigungsministerin und stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden, ein sehr prominent besetzter Startschuss für den Wahlkampf fiel, reichte für das Publikum im Dortelweiler Kulturforum ein Drittel des Saales, kaum 230 Plätze. Viele CDU-Mitglieder kontrollierten an den Eingängen Taschen. Zahlreiche Polizeifahrzeuge parkten rund um das Forum, überall waren Polizisten präsent. Doch die Stimmung im Saal war alles andere als aufgeregt, eher familiär, denn viele Zuhörer kannten sich von CDU-Veranstaltungen.
Er habe kürzlich schon Kanzlerin Angela Merkel in Gelnhausen gehört, „aber sie wurde von Windkraftgegnern gestört“, sagte der Massenheimer Volker Hummel. Das war in Bad Vilbel nicht zu erwarten. Im Gegensatz zu den Neujahrsempfängen mit Bundesprominenz war beim Auftritt der Ministerin niemand aus den anderen Lagern der Lokalpolitik dabei.
Jede Stimme zählt
So hatte die Bad Vilbeler CDU-Fraktionsvorsitzende Irene Utter die Sorge, „dass es zu ruhig ist“. Dass aktuelle Wahlprognosen über einen sicheren CDU-Sieg Unionswähler in trügerischer Sicherheit wiegen würden, denn „die Wahl ist erst am Wahltag gelaufen, wir wissen nicht, was in sechs Wochen ist“, sagte sie. Auch wenn Wahlergebnisse in Bad Vilbel für die CDU stets besser ausfielen als im Durchschnitt, sei jede Schätzung unseriös: „Wir kämpfen um jede Stimme.“
Ihr Mann, der Landtagsabgeordnete Tobias Utter, wies darauf hin, dass bereits die Briefwahl für den nächsten Bundestag möglich sei. Auch vor der Wahl von Donald Trump oder dem Brexit-Votum hätten sich viele in Sicherheit gewogen, bis es anders gekommen sei.
Ursula von der Leyen hatte eingangs ihrer Rede lobende Worten den CDU-Bundestagskandidaten Oswin Veith, den sie aus dem Innen- und Verteidigungsausschuss kenne. Ihre Rede kreiste um die Themen Verantwortung und Veränderung. Die jüngst entfachte Diskussion um den Zustand der Bundeswehr und ihrer Ausrüstung umging sie mit dem Hinweis auf 30 investierte Millionen Euro und geplante 18 000 neue Stellen. Die Diskussion um zweifelhafte militärische Traditionen bei der Bundeswehr ließ sie aus.
Großes Gelächter
Mehr Emotionen lösten Seitenhiebe auf die SPD aus, wenn sie SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz vorwarf, zu lange in Brüssel gewesen zu sein. „Er findet alles ungerecht.“ Eine Zuhörerin nickte zustimmend, als von der Leyen pflegende Angehörige die „stillen Helden der Gesellschaft“ nannte und betonte, wer die täglichen Herausforderungen einer Familie meistere, „der braucht kein Führungsseminar“. Dass man keine Angst vor Veränderungen haben muss, erläuterte sie am Beispiel ihrer Großfamilie, die vor noch 35 Jahren das eine Wandtelefon mit Wählscheibe belagert habe. Dann fragte sie in den Saal, wer kein Mobiltelefon besitze und löste Gelächter aus. Es meldet sich nur ein Fünfjähriger.