Fast vier Jahrzehnte widmete sich Hanne Mühle als Lehrerin um Grundschulkindern, die letzten 22 Jahre leitete sie die Dortelweiler Regenbogenschule. Am Montag wurde die sehr engagierte Pädagogin in den Ruhestand verabschiedet.
Bad Vilbel. Am Türschild steht noch Rektorin Frau Mühle, während das Lehrerkollegium schon seit Wochen ein selbst getextetes Abschiedslied probt, wenn Hanne Mühle mal nicht an ihrem Arbeitsplatz sitzt. Sie selbst hat schon die meisten Sachen eingepackt, einzig ihre Dokumentationen zieren noch ihr Büro in der Regenbogenschule in Dortelweil-West.
Schülerzahl explodiert
Als sie 1990 die Leitung der Schule übernommen hat, gab es pro Jahrgang eine Klasse, in der Baby-Boom-Phase in Dortelweil-West sieben Klassen pro Jahrgang. Es folgte ein rasanter Aufschwung, die Herausforderungen für Mühle türmten sich. Wo findet man Klassenräume? Wie kriegt man genügend Lehrerinnen an Bord? Für alle Fragen fand Mühle eine Antwort, da sie stets mit Engagement und Herzblut ihren Job wahrgenommen hat. „Das ging oft bis an die Schmerzgrenze und auch darüber hinaus“, blickt sie zurück.
Das lag nicht zuletzt daran, dass der Schulleitung in den letzten Jahren noch zusätzliche Aufgaben vom Schulamt aufgedrückt wurden. Unter dem Stichwort „Eigenverantwortliche Schule“ ist die Rektorin jetzt auch noch für das Budget und die Verbeamtungen zuständig, von der Infrastruktur der Gebäude ganz zu schweigen. Zudem hat Mühle in dieser Zeit die Ganztagsschule aus der Taufe gehoben. Neben diesen Aufgaben für eine Schule mit 30 Lehrkräften und 400 Schülern hatte die Rektorin auch noch 15 Unterrichtsstunden pro Woche zu halten.
Vergleiche nerven
„Zu guter Letzt werden wir seit kurzem vom Kultusministerium in einer Schulinspektion geprüft“, sagt die scheidende Schulleiterin. Dabei geht es darum, die Grundschulen hessenweit zu vergleichen. Die Regenbogenschule schnitt zwar sehr gut ab, aber es war auch ein nicht unerheblicher zusätzlicher Aufwand. Diesen Trend des zunehmenden „Messen-Zählen-Wiegens“ zwischen Schülern und Schulen kritisiert die 59-Jährige: „In meinen Anfangsjahren als Lehrerin ging es um die individuelle Förderung des Kindes, um den Fortschritt der Person. Heute geht es fast ausschließlich um das Vergleichen der Kinder.“
Fatal sei hier auch die Pisa-Studie gewesen, die diesen Prozess forciert habe. „Da sammelt man jetzt jede Menge Daten, aber zieht nicht die Konsequenzen“, moniert Mühle. So bringen fast alle Auswertungen zu Tage, dass kleinere Klassen bessere Lernerfolge bringen, doch die Klassengröße bleibt unverändert. (res)