Bad Vilbel. Mit der Weisheit, dass bekanntlich nichts so nutzlos ist wie die Zeitung von vergangener Woche, müssen wir Zeitungsmacher leben. Ein kleiner Trost, dass unser Erzeugnis dann wenigstens noch dazu taugt, einen Fisch einzuwickeln. Oder ein leckeres Baguette. Umso mehr freut uns dies, wenn unser Blatt dabei noch an exponierter Stelle von einer Hauswand strahlt. Am Haus des Zahnarztes Armin Rother, in der Frankfurter Straße 142, entsteht zur Zeit ein Kunstwerk mit dem „Bad Vilbeler Anzeiger“, der als seit 1851 erscheinende Traditionszeitung von „aale Vilweler“ liebevoll „Blättche“ genannt wird, aus den Pinselstrichen des Malers Werner Fink.
„Lokalpatriotismus“ habe ihn dazu bewogen, das Heimatblatt seiner Stadt in das Werk einbeziehen zu lassen, erklärte Rother auf unsere Anfrage spontan. Der Grundgedanke, sein Haus künstlerisch gestalten zu lassen, geht jedoch tiefer. „Ich will die Menschen aktivieren, aufmerksam machen“, sagt er. Wodurch wäre das besser möglich als durch bunte Bilder?
Als Motive hat er Darstellungen gewählt, die erst auf den zweiten Blick zu durchschauen sind. Autos dort, wo sich Parkplätze finden, leuchten ein. Aber einen gedanklichen Schritt weiter muss man gehen, um den Zusammenhang von alten, reparaturbedürftigen und neuen Autos mit den Zahnsanierungen in der Praxis herzustellen. Oder um zu verstehen, dass für die älteren und jüngeren Patienten Oldtimer neben Kinderautos stehen. Möglicherweise geben bei dem Gedankensprung die Zahnarztbestecke an der Garagenwand als Eselsbrücke eine Hilfestellung.
„Man muss eben öfter hinschauen und bei jedem Blick wird man auch noch etwas Neues entdecken“, verspricht der Auftraggeber. Genau das gefällt ihm an Finks Bildern.
Aufmerksam ist er auf den Maler bei einer Ausstellung des Kunstvereins geworden. Ein Bild, das ihm besonders gut gefiel, kaufte er und hängte es in die Praxis. Nicht wirklich überrascht war Rother, als es auch viele seiner Patienten sehr positiv ansprach. Daraufhin suchte er den Kontakt zu Fink, um mit ihm an seinem Haus ein „Gemeinschaftswerk“ umzusetzen, „das ich will und in das der Künstler sich einbringt“.
„Normalerweise mache ich so was nicht“, sagt Fink und meint damit die Wandmalerei. Aber die Aufgabe, der konkrete lokale und der Bezug zur Zahnarztpraxis habe ihn gereizt. Deshalb habe er den Auftrag angenommen, obwohl er derzeit auch das Bühnenbild für eine Produktion der „Kleinen Meerjungfrau“ durch die Tanzschule Niederreiter in Bad Soden malt. Einen Titel für sein Bad Vilbeler Werk hat er noch nicht, denn ihm geht es wie Rother in erster Linie darum, die Aufmerksamkeit der Menschen für die Bilder zu gewinnen. Was um das in den Bad Vilbeler Anzeiger eingepackte Baguette herum entsteht, ist derzeit nur zu erahnen. „Überraschen lassen“, fordern Rother und Fink alle Neugierigen auf.