Es ist ein besonderer Tag für Karbens Nachwuchsfeuer- wehren: Sie müssen bei der gemeinsamen Frühjahrsübung zeigen, was sie können. Sogar „Vermisste“ müssen die angehenden Jungfeuerwehrleute retten.
Karben. Selina, Fridolin, Erik, Kolja, Benny und Gabriel haben an diesem Nachmittag eine wichtige Aufgabe: Die sechs Mitglieder der „Feuerkids“ Okarben, der Kinderfeuerwehr des Karbener Stadtteils, müssen nämlich Verletzte spielen. Eine Rolle, auf die sie Gruppenleiterin Rosi Steppuhn und ihre Stellvertreterin Silke Becher gut vorbereitet haben. Mit Ketchup und Kinderschminke haben sie den Sechs- bis Zehnjährigen Wunden aufgemalt.
Jetzt hocken die „Feuerkids“ in einer mit künstlichem Nebel gefüllte Halle des Autoteileherstellers Climair in Okarben und warten gespannt auf ihren Einsatz. Gleich soll eine große Übung der sechs Jugendfeuerwehren in Karben beginnen. Rund 40 Mitglieder der Jugendfeuerwehren Burg-Gräfenrode, Kloppenheim, Karben-Mitte, Okarben, Petterweil und Rendel sollen dabei zeigen, was sie gelernt haben.
Das groß angelegte Szenario: In der Produktionshalle ist ein Feuer ausgebrochen, das schon auf eine Lagerhalle übergegriffen hat; zu allem Überfluss werden Schüler vermisst, die die Firma gerade besichtigt haben.
Genau diese Schüler sollen Rosi Steppuhns Schützlinge nun mimen – in Zweiergruppen verteilt an verschiedenen Stellen der Halle, um es den „Rettern“ nicht allzu leicht zu machen. Zu sehen ist allerdings nichts von den Kindern, nur ihre Stimmen sind zu hören.
Unmengen Nebel
Damit die Übung möglichst echt wirkt, haben die Verantwortlichen nämlich eine Nebelmaschine der Feuerwehr Karben mitgebracht und sie in der Produktionshalle aufgestellt. Ein Gerät etwa von der Größe eines normalen Werkzeugkastens, das jedoch Unmengen von Qualm herauspustet. „Da siehst du gar nichts mehr“, staunt Silke Becher, die sich gerade aus der Halle herausgetastet hat. „Alles gut bei euch? Seid ihr noch alle auf eurem Platz?“, ruft sie dann in das Gebäude hinein. „Jaaaa“, tönt es mehrstimmig zurück.
Rosi Steppuhn blickt auf die Uhr. Um 13.30 Uhr soll die Alarmierung erfolgen, weiß sie. Noch ist es nicht so weit. Die „Feuerkids“ werden allmählich ungeduldig. „Wann kommt denn die Feuerwehr?“, schallt es aus der Halle. „Zehn Minuten noch“, antwortet die Gruppenleiterin. „Och, so lange noch“, murrt es zurück. „Ich hab’ Hunger auf Würstchen.“ Silke Becher muss lachen. Als Belohnung warte nach der Übung ein Imbiss auf die Beteiligten, erzählt sie dann. Die Aussicht darauf hat offenbar bei manchen Beteiligten den Appetit angeregt.
Die beiden Gruppenleiterinnen nutzen die Wartezeit, um ihren Schützlingen Tipps zu geben, wie sie sich verhalten sollen, wenn die „Retter“ kommen: „Lasst sie ruhig ein bisschen suchen. Nicht gleich ’Hilfe! Hilfe!’ schreien.“
Endlich heult die erste Sirene auf. „Es geht los“, rufen Rosi Steppuhn und Silke Becher aufgeregt. Die Spannung überträgt sich offenbar auf die „Feuerkids“ – und die vorherigen Ermahnungen sind vergessen. „Hilfe! Hiiiiilfe!“ brüllt es aus der Halle. Zum Glück ist von den „Rettern“ noch nichts zu sehen. Die sind gerade von der Leitstelle in Friedberg alarmiert worden und machten sich jetzt auf den Weg, erklärt Rosi Steppuhn.
Tatsächlich ist wenige Sekunden später das erste Martinshorn zu vernehmen – und kurz darauf fährt das erste Löschfahrzeug auf den Hof der Firma. Die Jugendfeuerwehr Okarben ist als erste zur Stelle. Die Zehn- bis 17-Jährigen springen aus dem Wagen und sammeln sich erst einmal für eine kurze Einweisung um ihren Einsatzleiter.
Mit Wärmebildkamera
Dann geht es los. Einige rollen Schläuche aus und stecken sie zusammen. Andere rennen mit einer Trage auf die Halle zu, um sich auf die Suche nach den „Vermissten“ zu machen. Inzwischen sind auch die anderen Karbener Jugendfeuerwehren eingetroffen und machen sich ans Werk.
„Wasser marsch!“ tönt es wenige Minuten später über den Hof, und aus dem ersten Schlauch dringt ein kräftiger Wasserstrahl in Richtung Lagerhalle. Bald bedeckt ein Wirrwarr an Schlauchleitungen die Wege zwischen den Gebäuden, der der Löschangriff erfolgt von mehrern Seiten.
Für die „Feuerkids“ ist die Wartezeit bald zu Ende. Als Erster wird Fridolin von zwei Jugendfeuerwehrleuten auf einem roten Tuch aus der verqualmten Halle getragen. Bald darauf folgen die anderen. Zur Sicherheit wird die Halle schließlich noch mit einer Wärmebildkamera abgesucht, ob auch alle „Vermissten“ entdeckt sind. Sind sie, lautet das Fazit.
Feuerwehr-Stadtjugendwart Thorsten Bipp, Stadtbrandinspektor Christian Becker und etliche Zuschauer verfolgen das spannende Spektakel der ausschwirrenden und umherlaufenden Nachwuchsbrandschützer aufmerksam. Und sind am Ende voll des Lobes. „Ich bin stolz darauf, dass die Kinder und Jugendlichen so aktiv sind“, sagt Becker. Thorsten Bipp nickt zustimmend. Die Übung sei perfekt gelaufen, resümiert er: „Es hat alles gut geklappt.“
Nach einer guten Stunde ist alles schon wieder vorbei – und die jungen Feuerwehrleute dürfen sich endlich ihre wohlverdienten Würstchen schmecken lassen.