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Meine Ode an die Freude – Das Wort zum Sonntag

„Freude schöner Götterfunken“ – Ludwig van Beethoven hat in seiner 9. Sinfonie eine geradezu legendär gewordene Komposition geschaffen. Chöre in klassischen Sinfonien sind ohnehin eine Seltenheit. Im letzten Satz seiner letzten Sinfonie hat es der bereits taube Beethoven gewagt – heute ist das „Lied“ die Hymne Europas. Nur: Was wird da denn eigentlich besungen? Die allgemeine Verbrüderung der Menschen, ein Loblied auf die Freude – natürlich ist dies alles Ausdruck seiner revolutionären Zeit und der großen Hoffnungen, die viele Menschen erfüllt hat. Und doch bleibt vieles wage, mehr eine Ahnung, denn ein konkreter Grund zur Freude.

„Freut euch in dem Herrn“ hat Paulus an die Gemeinde im griechischen Philippi geschrieben. Sie war ihm unter den vielen Gemeindegründen, die er initiiert und begleitet hat, besonders ans Herz gewachsen. Auch in seinem in der Bibel überlieferten Brief an die Christen in Philippi wird dies deutlich, wenn er sehr persönlich schreibt von sich, seinem Leben, seinem Glauben an in Jesus aus Nazareth menschgewordenen Gott. Dieser Glaube und das Leben in diesem Glauben ist ihm so sehr Grund zur Freude, dass er nicht müde wird, das immer und immer wieder zu betonen; ja es scheint ihm fast selbst schon peinlich zu werden wenn er schreibt: „Freut euch in dem Herrn! Dass ich euch immer wieder dasselbe schreibe, verdrießt mich nicht und macht euch umso gewisser.“ (Epheser 3,1). Und später heißt es sogar aus seiner Feder: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!“ (4,4).

Wenn Sie Ihr Leben betrachten, ist Ihnen dann wie Paulus zur Freude zumute? Könnten Sie wie Beethoven eine „Ode an die Freude“ singen? – Nein: Das Leben ist nicht immer schön und auch nicht immer leicht. Ich möchte Ihr Leben nicht schönreden, wenn es im Augenblick nicht zum Freuen ist. Aber: Wie oft hätten wir Menschen so viel Anlass zum Freuen – und freuen uns doch nicht, weil wir unschönen Kleinigkeiten viel zu viel Gewicht geben und die großen Gründe zum Freuen davon überschattet werden. Ja, die vielen kleinen und großen Anlässe zum persönlichen und gemeinschaftlichen Freuen werden tatsächlich ins Dunkel gestellt – und unsere Aufmerksamkeit gilt Problemen, die oft doch nur Kleinigkeiten sind.

Dabei wissen wir selbst, wie wertvoll die vielen kleinen und großen Anlässe zum Freuen sind: Das fängt beim bewussten Erleben der sommerlichen Natur an, geht über ganz viele materielle Lebensmöglichkeiten und reicht vor allem bis zum Miteinander mit Menschen, die es gut mit uns meinen. „Freut euch im Herrn“ ruft Paulus nicht nur vor 2000 Jahren den Menschen in Griechenland zu, sondern Ihnen und uns. Nehmt die vielen Gründe zur Freude wahr und wendet sie in Dank an Gott. Ich weiß nicht, ob er ganz direkt Auslöser für jede kleine Freude meines Lebens ist – und doch kann ich meine Freude mit ihm teilen, kann ich in Dankbarkeit mein Leben ihm zuwenden: „Danke, Gott meines Lebens, für so viele kleine und große Freuden die ich erleben darf. Und danke für die große Freude, dass ich im Vertrauen auf dich und deine Gegenwart in meinem Leben meine Tage beginnen und beenden darf.“ So könnte meine „Ode an die Freude“ beginnen! „Freut euch im Herrn“ – herzliche Grüße mit dem biblischen Monatsvers für Juli!

Ihr Pfarrer Klaus Neumeier,

Ev. Christuskirchengemeinde

Bad Vilbel