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Mein Gott, Herr Pfarrer!

Ritter Bechtram

Ritter Bechtram
Ritter Bechtram

Gut dass der Katholik Günther Biwer, Bad Vilbeler Ehrenbürgermeister und Gründer der Burgfestspiele, das nicht noch erlebt hat. Der streitbare katholische Pfarrer Herbert Jung von der Katholischen Kirchengemeinde Sankt Nikolaus rüstet sich jetzt gegen die heiligen Bad Vilbeler Burgfestspiele und glaubt wohl, in seinem heiligen Krieg gegen die Kultur vor Ort nicht nur den Herrgott, sondern auch noch den hessischen Gesetzgeber an der großen Zehe zu haben. Seine absonderliche Vorstellung: Die Vorstellungen der Burgfestspiel-Matineen sonntags um 11 Uhr müssen unbedingt auf den Nachmittag verschoben werden. Der Grund: Sie stören seinen Gottesdienst.

Auf die simple Idee, seinen Gottesdienst früher zu beginnen, ist der Pfarrer nicht gekommen. Er leidet scheinbar unter der Vision, dass die Stadt nach seiner Pfeife zu tanzen hat. Dabei beruft sich der fromme Mann weder auf die Bibel, noch auf den Papst, sondern – man höre und staune – auf den besagten hessischen Gesetzgeber. Der hat laut Pfarrer Herbert Jung seinerzeit ins hessische Feiertagsgesetz geschrieben, dass sonntags Veranstaltungen eigentlich erst ab 12 Uhr erlaubt seien. Also denkt der Pfarrer messerscharf, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Welche Arroganz hinter dieser Denke steckt, erschließt sich einem erst auf den zweiten Blick, ist der entrüstete Pfarrer Jung doch dabei, den Totengräber zu geben und das Grab für seine Sonntagsmesse auszuheben. Jung setzt auf Sonderrechte für die Kirche. Genau das aber ist die Provokation, denn auch eine Messe ist in einer aufgeklärten Gesellschaft nichts anderes als eine Veranstaltung. Was sonst Herr Pfarrer? Woraus leitet die Kirche für sich eigentlich Sonderrechte ab? Reicht es nicht, dass wir – gläubig oder nicht gläubig – ihre teuren Bischöfe bezahlen und sogar noch die Kirchensteuer eintreiben, ohne der Kirche diese Dienstleistung in Rechnung zu stellen? Es ist an der Zeit, genau diese Sonderrechte alle zu kassieren und die liebe Kirche im Dorf zu lassen, anstatt sie andauernd zu beweihräuchern und in den Himmel zu heben durch Privilegien, die sich überlebt haben und ihr nicht mehr zustehen. (sam)