Karben. Der aus Groß-Karben kommende Berufsverkehr soll morgens längere Grünphasen an der Ampel an der „Gehspitze“ bekommen. Diesen klaren Wunsch von gut 90 Anliegern aus Groß- und Klein-Karben konnte Stadtrat und Verkehrsdezernent Jochen Schmitt (SPD) aus einer Anliegerversammlung im Bürgerzentrum mitnehmen. Ein kleiner Erfolg für ihn, denn, so paradox es klingt: Mehr Grün für die Bahnhofstraße und weniger für die Homburger Straße soll alle Anwohnerstraßen im Umfeld entlasten. Immer stärker verstopfen Fahrzeuge auch aus vielen anderen Orten im Berufsverkehr dort die engen Straßen. Anfang 2009 könnte es Entlastung geben.
Bisweilen emotionale Angriffe der Anwohner müssen sich Schmitt und seine Verkehrsexperten aus dem Rathaus gefallen lassen. Zum Beispiel, als Verkehrsplaner Ekkehart Böing die auf einander abgestimmten Ampelschaltungen von der Gehspitze bis Kloppenheim erklärt und unterstreicht: „Die Fahrzeuge aus dem Breul können morgens besser abfließen.“ Darauf erntet er ein „Das ist ja ein Witz!“ aus dem Publikum. Ohne weiteres brauche man drei Ampelphasen, um aus dem Breul Richtung Bürgerzentrum abzubiegen, klagen die Anwohner. Böing dagegen erinnert an die Zeiten vor acht Jahren, als man noch 30 bis 40 Minuten vom Karbener Weg bis Kloppenheim benötigte – bevor die B 3 dort ausgebaut und die Ampelschaltungen aufeinander abgestimmt wurden. „Als Bewohnerin am Breul bin ich vornehmlich daran interessiert, dass es bei mir besser wird“, bekennt eine Frau. „Hier sollte jeder auf den anderen auch ein bisschen Rücksicht nehmen“, ermahnt dagegen Andreas Graf aus der Uhlandstraße. Die Belastung von 180 Fahrzeugen in der Spitzenstunde morgens zwischen 6 und 7 Uhr sei für ein Wohngebiet wie den Breul noch akzeptabel, erklärt Böing – worauf er gleich den nächsten Widerspruch erntet. „Da sind so viele Schulkinder unterwegs“, erinnern Eltern aus der Uhlandstraße. Die Forderung: Das Wechselverkehrszeichen (Durchfahrt verboten) in der Uhlandstraße, was von 1995 bis 2000 während der Rush-Hour den Durchgangsverkehr abhielt, solle wieder in Betrieb genommen werden, fordert Johanna Arlt.
„Was wir dem einen Gutes tun, tun wir dem anderen Schlechtes“, lehnt Verkehrsexperte Böing das ab. „Wir müssen alle Interessen der Bürger aus allen Straßen abwägen.“ Ähnlich wie auf der Klein-Kärber Seite der Homburger Straße sind sie auch auf der Groß-Kärber: Dort beschweren sich Anwohner in der Christinen- und Elisabethenstraße über Schleichverkehr von Autos aus Groß-Karben, die den Bahnhofstraßen-Stau umfahren wollen. Mit „unechten Einbahnstraßen“ in Elisabethenstraße und Am Fliederbusch wollte die Stadt das stoppen, lenkte damit aber noch mehr Verkehr in die Christinenstraße und brachte dort die Anwohner auf die Palme. Weshalb Schmitt auch auf die Zusammenhänge hinweist: Die Hauptstraßen können im Berufsverkehr einfach nicht mehr Verkehr aufnehmen. Längst seien die Kapazitätsgrenzen der Gehspitze erschöpft. „Wir brauchen mehr Fahrbahnen“, ist die Folgerung von Verkehrsplaner Böing. Weil ein vierspuriger Ausbau der Bahnhofstraße von der Gehspitze bis zur B 3 als Lösung ausscheide, bleibe nur der Bau der Nordumgehung Groß-Karben. Für die erhofft sich die Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt!“ Baurecht für Herbst, berichtet Herbert Kötter.
Solange möchte Stadtrat Schmitt die Situation weiter optimieren. Er und die Bürger sehen nach mehr als zwei Stunden Erklärungen und Diskussion als Option, die bisher 43 Sekunden lange Grünphase der Bahnhofstraße aus Groß-Karben kommend zu verlängern. Dafür soll die aus der Homburger Straße – 46 Sekunden – verkürzt werden.
Alle hoffen, dass dank der Bad Vilbeler Nordumgehung nun mehr Fahrzeuge aus Klein-Karben und Rendel via Gronau und Bad Vilbel zur B 3 fahren. Damit werden Uhlandstraße und Breul automatisch entlastet. Damit anschließend aber nicht noch mehr Fahrzeuge via Christinen- und ihrer Nebenstraße in die entlastete Homburger Straße drängen, muss eben deren Ampelphase kürzer werden. (den)