Bad Vilbel. Ladies, auf in die Burg! Wer das nicht sieht, verpasst einen höchst amüsanten, witzigen, gelungenen Theaterabend! Männer-Striptease, dabei können sich die Frauen frivol fühlen, rückt Glenda (Miriam Kohler) im Stück die Vorstellungen der männlichen Protagonisten zurecht. Und die Besucherinnen in der Wasserburg gaben diesem Gefühl am Freitag, beim Premierenabend von „Ladies Night“, nach mit Gejohle, schrillen Schreien, Gekreische, Gelächter und Zurufen – eine holde Weiblichkeit ist ganz etwas anderes. Die Männer blieben tapfer, lachten, schmunzelten und klatschten mit.
Regisseurin Corinna Bethge hat die vierte Eigenproduktion der Burgfestspiel-Saison temporeich, kurzweilig inszeniert. Die Komödie aus der Feder der Autoren Anthony McCarten und Stephen Sinclair erlangte weltweite Bekanntheit durch die Verfilmung des Stoffes unter dem Titel „Ganz oder gar nicht“.
Kein Job, kein Geld, chaotische Beziehungen zu Frauen – das Selbstwertgefühl von Craig, Barry, Graham, Norman, Gavin und Wesley tendiert gegen Null. Die Probleme der arbeitslosen Männer klingen nur an. Bethge hält sich nicht lange mit sozialkritischen Betrachtungen auf.
Als eine Männer-Stripshow in der Stadt gastiert, hat das Männer-Sextett die rettende Idee: Sie gründen eine eigene Striptease-Gruppe, die „Passion gladiators“ (Gladiatoren der Leidenschaft), um damit viel Geld zu verdienen und die private Misere zu überwinden! Gleich darauf zweifeln sie jedoch an ihrem Mut, doch sie kommen dann alle zum ersten gemeinsamen Treffen. Craig übernimmt das Management und hat tatsächlich einen Auftritt organisiert. Da kommen die Frauen ins Spiel. Als Nachtclubbesitzerin Bernie (Marina Matthias) und Tänzerin Glenda (Miriam Kohler) sagen sie den Männern, wo es langgeht. Beide Schauspielerinnen überzeugen, geben sich mal herrisch, mal lasziv, aber immer stimmgewaltig und bestimmend.
Keiner der sechs Freunde hat jemals auf einer Bühne gestanden. Also improvisieren sie wild drauflos bis sie schließlich professionellen Unterricht von Glenda bekommen. Kurz vor dem großen Auftritt ist die Stimmung in der Garderobe plötzlich aggressiv: Lampenfieber bricht aus – es kommt zu Streit und Handgreiflichkeiten. Es erscheint leichter, die Show platzen zu lassen, als auf die Bühne hinauszutreten ins Rampenlicht. Doch die Vorstellung ist ausverkauft und so beginnt die Show.
Das gleiche Schicksal „Arbeitslosigkeit“ hat die sechs recht unterschiedlichen Männer zusammengeschweißt und Freunde werden lassen. Da ist der füllige Craig (Ulrich Lenk), der linkische, stotternde Norman (Markus Frank), der gläubige Methodist aus Nigeria (Jubril Sulaimon), der verheiratete Rockfan Barry (Hagen Geburzi), der studierte, diskussionsfreudige Gavin (Daniel Ris) und der coole, vor Männlichkeit strotzende Graham (Herbert Schöberl). Typengerecht eingekleidet bis hin zur Kopfbedeckung von Nikolaus Porz, der für die ansprechende Ausstattung verantwortlich zeichnet. Vor dem Ausziehen kommt ein leichter Seelenstriptease. Die Männer machen in der Umsetzung ihrer Idee heftige Gruppenerfahrung. Eigene Schwächen werden sichtbar, Gefühle freigesetzt. Die Schauspieler verstehen es, ihren Figuren Persönlichkeit einzuhauchen. Sie sind glaubwürdig. Die Akteure kriegen gekonnt die Kurve von ausgelassenem Toben hin zu nachdenklichen Momenten. Die Pointen sitzen, und das Timing stimmt. Eine höchst komödiantisch wie showbegabte Truppe. Denn am Ende erleben die Zuschauer eine klasse Revue mit tanzenden, strippenden Herren der Schöpfung zu aktueller Rock- und Popmusik und in gewagten Outfits. Und wer hätte gedacht, welch gute Figur der Birkenstock und Schlabberhosen tragende Gavin in Stöckelschuhen und Nylonstümpfen macht. Das begeisterte Publikum dankte den Schauspielern mit standing ovations.