Bad Vilbel. Es ist schon erstaunlich, welche Linien sich in der Skulptur des Friedrich Grosholz am Marktplatz kreuzen: Die geografische Linie reicht von Bagdad und Istanbul über Paris bis nach London und sogar Los Angeles. Eine Zeitlinie geht 15 000 Jahre in die Vergangenheit zurück.
Erstaunliche Dinge brachte Peter Schöttner bei der Stadtführung im ursprünglichen Zentrum der Vilbeler Mineralwasserförderung und -vermarktung zu Tage.
Nicht zufällig versammelte der zünftig mit schwarzem Gehrock und Zylinder kostümierte Stadtführer seine Gruppe um das Denkmal von Friedrich Grosholz vor der BVB-Volksbank an der Niddabrücke. War doch der im Jahr 1888 78-jährig in Vilbel gestorbene Geometer und Kaufmann einer, der mit seinen Geschäften, vor allem auch dem Verkauf von Mineralwasser, zu einem der reichsten Männer seiner Zeit im Kreis Friedberg wurde.
Grosholz war das 14. von 17 Kindern eines Försters. Er war ausgebildeter Geometer erster Klasse. 1842, so Peter Schöttner, war Grosholz in Vilbel gemeldet. Dort hatte er einige Jahre zuvor als Landvermesser gearbeitet. 1848 heiratete er seine zweite Frau. Auguste Simon war die Tochter des Gastwirts vom Goldenen Engel in einem Anwesen in Höhe der Einmündung Erzweg in die Frankfurter Straße.
Grosholz war politisch im Gemeinderat tätig und Versicherungsmakler, der Besitzer des Louisenbrunnens (hinter dem alten Rathaus), handelte mit Spezereien Am Marktplatz 4, unterhielt ein Backhaus Am Marktplatz 6 und meldete 1875 sein letztes Patent als „Mineralwasserhändler im Großen“ an. Er handelte mit Branntwein, Tabak und Zigarren, verkaufte Butter und Mehl, Zwirn und Schnüre und schliff Messer und Scheren. Die Nudelherstellung betrieb er fabrikmäßig in der ersten Industrieanlage Vilbels, gab diesen Betrieb aber auf, weil er keine künstlichen Zusatzstoffe verarbeiten wollte – so der Chronist.
Das Mineralwasser, das auch der fiskalische Brunnen an der Nidda, der Hassia-Brunnen im „Wilden Mann“ (zeitweise ein China-Restaurant) und der Elisabethenbrunnen aus ein und derselben geologischen Spalte zutage förderten, so konnte Schöttner berichten, ist bis zu 15 000 Jahre alt.
Die geografischen Koordinaten, die sich in dem Denkmal des Friedrich Grosholz kreuzen, hängen mit seiner 1760 geborenen Verwandten Marie Großholz (der Name wurde damals noch mit ß geschrieben) zusammen, die im Wachsfigurenkabinett ihres Onkels in Paris tätig war und während der Französischen Revolution den Geköpften die Totenmaske abnahm. Sie baute nach 1802 das weltberühmte Wachsfigurenkabinett als „Madame Tussaud“ in London auf. Grosholz’ Sohn Adolf war am Bau der Orientalischen Eisenbahn von Deutschland nach Konstantinopel beteiligt und wurde später der hochdekorierte Direktor dieser Eisenbahnlinie. Sein Sohn Osman Grosholz war Fahnenträger bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles. Auch ein kurzer Fußweg bis zum Haus des Carl Brod (heute Sparkasse Wetterau) neben dem Alten Rathaus wurde lehrreich. Dort hatte Brod im Sommer 1900 eine Heilwasserquelle erbohrt, die 14 Meter hoch sprang und zur Basis des Heilbades Vilbel und später auch des Kohlensäurewerks geworden war.