Die Tage im November haben uns viel Wind und Regen gebracht. Alles Laub ist von den Bäumen gefallen. Doch im Garten halten die Rosensträucher noch ihre bereits verblichenen Blütenblätter fest. Wie lange noch? Es ist ein Festhalten auf Raten. Bis die starken Fröste kommen. Dann wird auch die letzte Erinnerung an die vergangene Pracht dahin sein. Hermann Hesses wunderbare Worte fallen mir da ein, die er mit „Stufen“ überschrieben hat:
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andere, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Ja, dankbar bin ich für dieses Jahr, für das in meinem Leben Erlebte. Festhalten kann ich davon wahrlich nichts. Denke ich an diesen Sommer zurück, tauchen doch ein wenig wehmütig vor meinem inneren Auge die schönen Blüten in meinem Garten auf. Aber ich kann und will auch loslassen, um mich ganz auf das Gegenwärtige und Zukünftige einzulassen. Und ich will glauben: Der Gott meines Lebens hält Neues für mich bereit. Ja, ich will neu vertrauen, will mich IHM anvertrauen. So sehe ich in dem beginnenden Winter nicht nur Kälte, sondern auch die Vorbereitung auf einen neuen Anfang des Wachsens und Blühens im nächsten Frühling. Zu welcher Stufe mich Gott wohl führen will? Ich möchte neu lernen, darauf zu achten.
Matthias Gärtner,
Pfarrer in Dortelweil