Zu unserer Berichterstattung über die kurzfristige Streichung der Kita-Förderungen durch den Wetteraukreis und die Rechtfertigung der Bad Vilbeler Grünen erreichte uns nachfolgender Leserbrief:
Fassungslos habe ich die Aussagen der Partei „Die Grünen“ aus Bad Vilbel gelesen.
Kathrin Anders, Vorsitzende der Grünen, entwertet mit ihrer politischen Aussage die fünfjährige Ausbildung einer Erzieherin in einer U 3 Gruppe. Sie setzt dagegen die Betreuung einer Tagesmutter, die lediglich 160 Stunden Ausbildung (= 4 Monate) erfahren hat, und weitere 20 Stunden an Fortbildung für die Lizenz benötigt. Sicherlich ist die Gruppengröße bei einer Tagesmutter kleiner. Die Frage jedoch ist, wird das Kind dort auch besser pädagogisch gefördert und betreut? Man bedenke die Betreuung findet nicht, wie bei einer U3 Gruppe, im öffentlichen Raum statt. Tägliche Kontrolle durch andere Fachkräfte im Umgang der Tagesmutter mit dem Kind gibt es nicht.
Ein sinnvoller Einsatz des Geldes ist die Förderung von kleineren U 3 Gruppen, die nach dem Berliner-Modell eingewöhnen und ihre Erzieherinnen nach der Bindungstheorie nach Bowlby schulen und sensibilisieren. Ein positives Beispiel ist die ev. int. Kindertagesstätte in Bad Vilbel-Massenheim, die ihr U 3-Modell nach diesem Konzept fährt. Die Nestgruppe befindet sich abgetrennt im selben Gebäude der Kita. Die Kinder erfahren eine stundenweise Eingewöhnung von bis zu 6 Wochen- bei Bedarf länger. Hier wird nach dem Wohl des einzelnen Kindes entschieden. Die Gruppengröße beträgt 11 Kinder bei 3 Erzieherinnen. Später wechseln die Kinder in die Kita, die ihnen vertraut ist. Der Kontakt zu ihren „alten“ Bezugserzieherinnen reißt nicht ab, sondern ist weiterhin möglich.
Frau Anders, die ihren eigenen Berufsstand, nämlich den der Erzieherin, abwertet, sollte sich nicht pauschal und plakativ äußern. Hier wird eine willkürliche politische Entscheidung versucht in pseudo-psychologische und pädagogische Argumentationen zu kleiden. Wir haben unsere beiden Kinder (6 Jahre, 22 Monate) mit Überzeugung in die U3 Gruppe der Kita in Massenheim eingewöhnt. Etliche Kinder in städtischen Einrichtungen müssen nun um ihre Plätze fürchten, in denen sie gut angekommen und auch angenommen sind. Frau Anders, dies hat bindungstheoretisch gesehen für die kleinen Kinder negative Auswirkungen. Sie erfahren den Verlust einer ihnen vertrauten Person und Umgebung. Kinder benötigen vor allem in den ersten Jahren aber genau dies – ein stabiles Umfeld mit gleichen Bezugspersonen. Diese werden ihnen jetzt genommen. Anstatt das Geld für Erzieherinnen in U 3-Gruppen zu kürzen, sollte der Kreis dies für ein höheres Gehalt bzw. Fortbildungen einsetzen.
Wiebke Schultheiß, Dipl.-Pädagogin, Bad Vilbel
LESERBRIEFE stellen nicht die Meinung der Redaktion dar. Kürzungen behalten wir uns vor.