Wenn ein Lastwagen rechts abbiegt und ein Radfahrer in seinem toten Winkel geradeaus fahren will, hat der Radfahrer keine Chance. So geschehen kürzlich am Rande des Hassia-Betriebsgeländes. Doch ein einfaches technisches Hilfsmittel hätte diesen Unfall verhindern können.
Bad Vilbel. Der Schock sitzt tief bei der Firma Hassia in Bad Vilbel. Gegen neun Uhr morgens am 12. Juli war es zu einem schweren Verkehrsunfall am Rande des Betriebsgeländes gekommen. Ein Lkw der Hassia-Gruppe bog, auf der Friedberger Straße fahrend, rechts auf den Werksweg ab, der zur Straße Im Rosengarten führt. Dabei übersah der 57-jährige Laster-Fahrer einen 29-jährigen Radler, der auf dem Radweg in Richtung Dortelweil unterwegs war. Der Fahrradfahrer geriet dabei unter den Lastwagen, wurde einige Meter mitgeschleift und verletzte sich dabei schwer. Der Hassia-Fahrer stand nach Auskunft des Unternehmens unter Schock.
Immer wieder kommt es zu Unfällen, die so oder so ähnlich ablaufen: „Das ist eine der häufigsten Unfallursachen“, betont auch Ute Gräber-Seißinger, Vorsitzende des Fahrradclubs ADFC in Bad Vilbel. Hoch im Führerhaus eines tonnenschweren Lkw ist es selbst für den aufmerksamsten Fahrer trotz Rückspiegels nur schwer möglich, immer eine komplette Rundumsicht zu haben. Das wurde nun dem Hassia-Mitarbeiter zum Verhängnis: „Er ist bereits seit 37 Jahren für Hassia tätig und als ein sehr versierter und zuverlässiger Mitarbeiter bekannt“, betont auch die Unternehmenssprecherin Sibylle Trautmann.
Doch es soll der letzte Unfall dieser Art mit der Fahrzeugflotte des Getränkeherstellers gewesen sein. Denn die Technik, um solche Unfälle zu verhindern, wurde längst erfunden: Sogenannte Abbiege-Assistenten. Diese warnen den Brummi-Fahrer mit einem Ton- und Lichtsignal, sollte er zum Abbiegen ansetzen und sich ein Hindernis im toten Winkel befinden. Nach dem Sommer, so verkündet Trautmann, soll die komplette Hassia-Flotte mit dem Assistenten ausgestattet
werden.
Assistent kommt
Rund 100 000 Euro nimmt das Unternehmen dafür in die Hand. 50 eigene Lkw sowie 30 Lastwagen von Dienstleistern umfasst die Flotte. 2020 wird der Fuhrpark komplett ausgetauscht, der Abbiege-Assistent sei dann eine Selbstverständlichkeit, betont Trautmann.
Das hofft auch Gräber-Seißinger. Für sie kann der Assistent nicht schnell genug Pflicht werden. Bisher bietet allerdings nur Mercedes Benz dieses Hilfsmittel für seine Fahrzeuge an. Bis es den Abbiege-Assistenten serienmäßig gibt, sollten Radfahrer darauf achten, sich möglichst sichtbar zu machen. Auch die Politik und Straßenverkehrsbehörden seien in der Pflicht, Gefahrenpunkte bestmöglichst zu beschildern, betont Gräber-Seißinger. Denn alle müssten sich im Klaren sein: „Radfahrer sind immer das schwächste Glied.“
Doch nicht alle Betriebe mit einem großen Fuhrpark weisen eine solch große Bereitschaft auf, ihre Fahrzeuge mit dem Abbiege-Assistenten auszustatten: „Es gibt auch viele, die das nicht wollen, denn das sind natürlich erstmal Kosten“, berichtet der Karbener Unternehmer Christian Kliem. Er selbst hat längst begonnen, seinen Fuhrpark mit Sattelzügen für den Landwirtschaftsbetrieb umzurüsten, doch er kenne viele Kollegen, die nicht bereit seien, das nötige Geld in die Hand zu nehmen.
1300 Euro pro Fahrzeug kostet es Kliem die Umrüstung bei der Lade- und Transportgemeinschaft Wetterau West (LTG). 15 Brummis umfasst der Fuhrpark. Drei seien bereits um den Assistenten bereichert.
Die Ersten im Umkreis
Wenn in den nächsten sechs Jahren alle Wagen neu angeschafft werden, werde auch er Wert darauf legen, dass der Abbiege-Assistent integriert ist. „Wir waren auch bei der Distance-Control die Ersten hier im Umkreis“, betont Kliem. Denn die Erfahrung spricht für sich: „Jeder Fahrer, der bis jetzt damit gefahren ist, war positiv überrascht.“
Dabei ist es nicht immer gleich ein Menschenleben, dass der Assistent beschützt, auch kleinere Unfälle werden damit verhindert. Denn im landwirtschaftlichen Betrieb, wenn die Sattelzüge auf Feldwege fahren müssen, um beladen zu werden, steht oftmals auch ein Verkehrsschild im toten Winkel und wird gerne mal übersehen. Auch solche kleinen Unfälle kosten Geld, erinnert Kliem. Das könnte man sich durch diese Investition in die Sicherheit ganz einfach sparen.