Bad Vilbel. Zum SPD-Neujahrsempfang mit 140 Gästen im Kurhaus und mit dem Hauptredner Hans Eichel, dem ehemaligen Hessischen Ministerpräsidenten und Bundesfinanzminister, konnte Parteivorsitzende Udo Landgrebe noch so manchen Gast von außerhalb begrüßen, etwa den früheren Karbener Bürgermeister Detlev Engel. Doch auch Stadtverordnete von CDU und Grünen sowie Stadtbaurat Dieter Peters, der sich von Landgrebe zu den Themen Stadahochregallager, Kurhausareal und Schuttplatz in Massenheim manches klare Wort anhören musste.
Hans Eichel war mit der Bahn aus Kassel angereist und hatte ausreichend Zeit für die Vilbeler eingeplant, bis er zum abendlichen Neujahrsempfang in Kassel wieder in einen Intercity kletterte. Eine Dreiviertelstunde redete der 65-Jährige vor dem aufmerksamen Publikum und überraschte einige mit seiner optimistischen Sicht der Dinge. „Es hat sich was geändert in unserem Land. Wir gehen viel optimistischer in das Jahr 2007 als noch ins Vorjahr“, rief er und argumentierte: „Wir sind zum vierten Mal in Folge Exportweltmeister.“ 80 Millionen Deutsche überflügelten die 130 Millionen Japaner, 300 Millionen US-Amerikaner und 1,3 Milliarden Chinesen mit ihrer Wirtschaftskraft. Die Investitionen gingen nach oben, die Betriebe machten Gewinne, die öffentlichen Haushalte könnten sich dank sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen zunehmend konsolidieren, und selbst die Binnennachfrage gehe nach oben. „Es sind wieder mehr Menschen in Arbeit.“
Die große Koalition sei besser als ihr Ruf. „Wenn ich Michael Glos, Edmund Stoiber oder Angela Merkel heute im Unterschied zu Oppositionszeiten reden höre, dass es uns gut geht, ist das ein innerer Genuss. Allein dafür hat es sich gelohnt, die große Koalition zu bilden.“
Eichel plädierte dafür, in guten Zeiten Schulden abzubauen, forderte aber auch staatliche Investitionen in die Zukunft. Dazu zählte er kostenlose Kinderbetreuung ab zweitem Lebensjahr, kostenlose Kindergartenpflicht ab dem dritten Lebensjahr und Ganztagsschulen. Frauen dürften nicht vor die Alternative Beruf oder Kinder gestellt werden, sondern es müsse beides vereinbar sein. Eichel warnte vor dem Auseinanderfallen der Gesellschaft. „Wenn es uns gut geht, müssen alle davon profitieren.“ Da gehe es nicht an, dass Manager ihre Gehälter erhöhten und gleichzeitig Personal entließen. Optimistisch meinte Eichel zum Schluss: „Wir sind ein Land, das es schaffen kann, und alle sollen ihren Anteil haben.“
Während sich der Ex-Finanzminister mit einem Lob der rot-grünen Koalition unter Bundeskanzler Gerhard Schröder zurückhielt, sprach der Landtagsabgeordnete Jürgen Walter aus, was dem starken Beifall nach zu urteilen im Kurhaussaal wohl viele dachten: „Was jetzt positiv läuft, ist nicht die Politik der großen Koalition, dazu ist die Zeit viel zu kurz, sondern das Resultat der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung.“
Walter, auf dem Sprung in den Flieger zu einer Dienstreise nach Zypern, nannte für den Landtagswahlkampf die Schwerpunkte der SPD. Aus dem offenkundigen Klimawandel müsste als Konsequenz der Ausstieg aus der Atomenergie, die Reduzierung des CO2-Ausstoßes und die Investition in erneuerbare Energien ernst genommen werden. Im Bildungssystem werde die SPD im Wahlkampf werben für eine möglichst hohe Ausbildung für alle. Die von der CDU angestrebte frühzeitige Auslese werde die SPD bekämpfen.