Leider sind die Sommerferien bald vorbei, die Straßen werden wieder voller, Schüler und Schülerinnen müssen zur Schule, die Urlauber zur Arbeit und es wird gefragt. „Wo wart ihr und was habt Ihr gemacht?“ Erlebnisse werden ausgetauscht und Fotos herumgezeigt. Dann geht es öfters auch um Kirchen, denn die stehen beim Besichtigungsprogramm oft weit oben auf der Liste. Es gibt ja auch wunderbare Kathedralen, bedeutende Dome und bezaubernde Dorfkirchen.
Man kann in Kirchen prächtige Mosaiken, wunderschöne Glasfenster, berühmte Gemälde oder die Architektur an sich bestaunen und oft herrscht in ihnen eine wohltuende Atmosphäre. Ich besuche im Urlaub gerne Kirchen, dann auch oft außerhalb der Gottesdienste. Dann überlege ich mir, wie viele Menschen in dieser Kirche schon Trost im Gebet gefunden haben oder ganz real Schutz suchen mussten. Je nach Kirche bin ich von der Fähigkeit der Baumeister beeindruckt, lasse mich von Farben und Formen bezaubern und freue mich an dem, was Menschen schaffen können.
Aber dann kommen mir meist auch kritische Gedanken. Wer hat all diesen Prunk und diese Pracht bezahlt? Welcher Bischof oder Fürst wollte sich hiermit ein Denkmal setzen? Die großen Kirchen sollen oft der Ehre Gottes dienen.
Ich glaube nicht, dass Gott das nötig hat, freue mich dennoch an solchen Kirchen. Richtig schade finde ich aber, wenn man diesen Kirchen kaum noch anmerkt, dass sie Orte des Glaubens sind. Kirchen sind vor allem dazu da, damit wir Menschen uns Gott näher fühlen können. In manchen sehr bedeutenden Kirchen geht das aber kaum. Sie sind einfach zu groß, für eine Gemeinde viel zu teuer im Unterhalt und ihre Schätze waren nie wirklich zum Gebrauch bestimmt. Der Hauptaltar ist abgesperrt, Chorgestühl nicht zum Sitzen freigegeben und Gottesdienste werden in einem der Seitenaltäre gefeiert. Das finde ich schade.
Vor kurzem habe ich im Dom zu Brixen beobachtet, wie ein Besucher an einem Seitenaltar in der Altarbibel blätterte. Das war so ungewöhnlich, dass sich ein paar Frauen dahinter aufgeregt haben. Wenn es uns aufregt, dass Menschen in der Kirche Bibel lesen, läuft etwas falsch. Natürlich kann nicht jeder Kirchenschatz allen zugänglich gemacht werden, aber ich möchte nicht, dass Kirchen ausschließlich zum Museum werden. Manchmal muss ich in bedeutenden Kirchen nach Anzeichen vom gelebten Glauben suchen und der interessiert mich in einer Kirche viel mehr als bedeutende Schätze.
Solches geht mir bei meinen Kirchenbesuchen durch den Kopf und dann komme ich auch gerne in unsere Kirchen zurück, weniger bedeutend, aber mit viel Glauben gefüllt.
Pfarrerin Ulrike Mey,
Ev. Christuskirche Bad Vilbel