Er ist ein Pfarrer für drei Gemeinden: Herbert Jung ist seit 20 Jahren als katholischer Geistlicher in Bad Vilbel tätig.
Bad Vilbel. Seine Predigten und Bücher sind bei den Vilbelern beliebt – unabhängig von ihrer Konfession. Denn Pfarrer Herbert Jung ist als ein Mann klarer Worte bekannt. Seit zwei Jahrzehnten kämpft er in „einer zerrissenen Gemeinde“ gegen viele Widerstände an. Seine Predigten regen zum Nachdenken an, werden meist noch lange nach dem Gottesdienst diskutiert.
Für den 70-Jährigen zeichnet einen guten Katholiken die permanente Suche nach Gott aus. Für ihn steht der Mensch und nicht das Amt im Vordergrund. Er möchte die Menschen in der Stadt, die „umgeben von Banken, Versicherungen, Unternehmensberatungen und Institutionen sind, die oftmals nicht das Interesse des Menschen im Auge haben, Kirche als Biotop erleben lassen. Als einen Ort, an dem das Leben mit seinen positiven und negativen Seiten wachsen und blühen kann.“
Diese Sätze sind über 20 Jahre alt, haben aber nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Sie stammen aus seiner ersten, am 27. September 1997 gehaltenen Predigt in der St. Nikolaus-Kirche. Damals führte ihn der damalige Dekan Richard Neumann aus Bad Nauheim als Pfarrer für die St. Nikolaus-Gemeinde mit den Seelsorgegebieten St. Marien in Dortelweil und Herz-Jesu in Massenheim ein.
Anfangs Bedenken
Zwar war es der Wunsch Jungs, einer Offenbacher Gemeinde vorzustehen – doch der damalige Mainzer Bischof Karl Lehmann schickte ihn nach Bad Vilbel. „Ich hatte anfangs Bedenken, weil es hier eine zerrissene Gemeinde war und zum Teil noch ist. Mein Sonderauftrag lautete, aus drei Gemeinden eine zu formen.“ In der Praxis heißt das: ein Pfarrgemeinde- und ein Verwaltungsrat. „Auf dem Papier ist es gelungen, in der Realität gibt es noch etliche Widerstände zu überwinden“, zieht Herbert Jung nach zwei Jahrzehnten Bilanz.
Ebenso lange wartet er auf die Verwirklichung der Kirche als Biotop des Lebens. „Sie ist Sache des Einzelnen, der im Hamsterrad steckt. Er muss selbst aussteigen. Ich kann ihn dazu nur ermuntern. Rückblickend kann ich sagen, dass ich damals den Nagel auf den Kopf getroffen habe, obwohl ich die Ört-lichkeit nicht kannte.“
Gegenseitiges Dienen
Das Spannende an seinen Gemeinden seien die vielen Neubürger. Die Herausforderung bestehe darin, sie für die eine große Gemeinde zu gewinnen. Dabei störe die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Anonymität und dem Wunsch, nicht allein zu sein.
Erschwert werde dies dadurch, dass man in der Region gewohnt sei, „bedient zu werden“. Die Kirche verlange aber ein gegenseitiges „Dienen“. Vergleichbar mit einer Ehe, in der einer für den anderen da sein sollte.
Zu den Wünschen von Pfarrer Jung gehört eine gewinnende Atmosphäre in der St. Nikolaus-Kirche. „Ich hoffe, dass die Innenrenovierung gelingt und sie Ostern 2018 im neuen Glanz erstrahlt.“ Bis dahin finden die Sonntagsgottesdienste in der Massenheimer Herz-Jesu-Kirche statt. Weitere Wünsche: „Die nicht mehr finanzierbaren Immobilien wie die Pfarrheime in Dortelweil und Massenheim sinnvoll zu vermieten oder zu verkaufen.“ Und, dass die Christen in Bad Vilbel nicht mehr zurückschauen, sondern Visionen für eine Kirche von morgen entwickeln und realisieren.
Geboren und aufgewachsen ist Jung in Fischbach bei Saarbrücken. In Sulzbach besuchte er das Gymnasium. Nach dem Abitur studierte er in Trier und München katholische Theologie und Philosophie. 1973 wurde er zum Diakon, 1974 in Trier zum Priester geweiht. Jung ist Diplom-Theologe, hat Zusatzausbildungen als Supervisor und Biblio-Dramaleiter.