Sehr geehrter Herr Dr. Stöhr,
bisher haben meine Familie und ich die Kommunalpolitik von CDU und FDP in Bad Vilbel als familienfreundlich wahrgenommen. Dazu gehören die Vielzahl von Betreuungsangeboten durch die Stadt sowie die geschaffenen Freizeitmöglichkeiten für heranwachsende Jugendliche. Dies waren für meine Frau und mich wesentliche Argumente, vor drei Jahren mit unserem damals einjährigen Sohn nach Bad Vilbel zu ziehen. Unsere im September in Bad Vilbel geborene Tochter unterstreicht unser Wohlbefinden in Bad Vilbel.
Die neuerlichen Vorschläge zur „Anpassung der Betreuungsgelder“ für Kinder sind für uns nicht nachvollziehbar.
Die bisherigen Preise für die U3-Betreuung und die Kita Gebühren haben wir zwar als nicht preiswert, aber als durchaus fair wahrgenommen. Zurzeit betragen diese bisher für Vollbetreuungsplätze 165 Euro bei über dreijährigen und 310 Euro für die U3-Betreuung. Hinzu kommt eine weitere Ermäßigung über den Geschwisterbonus. Im direkten Vergleich mit umliegenden Gemeinden sicherlich nicht besonders günstig, allerdings gab hier die Ausstattung der Kitas und die Verfügbarkeit der Plätze den Ausschlag für uns als junge Familie nach Bad Vilbel zu ziehen.
Die derzeitigen Pläne der Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP), die Gebühren für je ein Kind im Kindergarten und der U3-Betreuung auf insgesamt 770 Euro pro Monat zu erhöhen, machen es für viele Familien unmöglich Beruf und Familie sinnvoll miteinander zu verbinden. Eine solche Gebührenerhöhung wird für viele Eltern der Anlass sein, ihre Kinder nicht mehr in die Kita zu schicken. Dadurch wird eine gesellschaftliche Entwicklung konterkariert, die in den letzten Jahren verstärkt an Dynamik gewonnen hat. Erwiesenermaßen wirkt sich bereits frühzeitiger regelmäßiger sozialer Umgang von (Klein-)Kindern zu anderen Kindern positiv auf die soziale Kompetenz der Heranwachsenden aus. Des Weiteren ist mir nicht bewusst, ob die Sozialdezernentin sich sicher ist, welcher Normalverdiener in der Lage sein soll die explodierenden Kosten zu tragen? Eine Familie mit zwei Kindern hat nun mal nicht 200-300 Euro im Monat mehr zu Verfügung. In unserem Fall erhöhen sich die Kosten um mehr als 100 Prozent. Diese Mehrkosten in Höhe von 395 Euro kann keine normale Familie tragen.
Als Mitbürger in einer der wenigen hessischen Kommunen, die auch in Krisenzeiten über eine entsprechende finanzielle Leistungsfähigkeit sowie durch ihre Stadtwerke über beachtliche Reserven verfügt, drängt sich leider der Eindruck auf, dass die Haushaltsmittel fehlgeleitet werden.
Als Beispiele sind hier die Finanzierungen der ehrgeizigen Projekte „Bau der Büchereibrücke“ (allein hierbei Mehrkosten von ca. zwei Millionen Euro) sowie die Errichtung der privaten „Europäischen Schule“ (mit ca. 20 Millionen Euro laut Planung) erwähnt.
Durch die geplanten Erhöhungen schafft die Stadt Bad Vilbel ein negatives Highlight: Die Betreuungskosten für Kinder werden die höchsten im gesamten Wetteraukreis sein. Dass es anders geht, beweisen seit Jahren Städte wie Bad Homburg (komplett kostenloser Kindergarten seit 2008, 160 Euro für U3-Betreuung) oder Eschborn (für das erste Kind kostet die Kita 85 ab dem zweiten 40 Euro). Selbst im beschaulichen Karben liegen die maximalen Gesamtkosten für 2 Kinder (eins in der U3 das andere in der Kita) bei maximal 457 Euro. Die hier zu Bad Vilbel entstehenden Kostendifferenzen sind absolut unerklärlich und können nur mit einer fehlgeleiteten Familienpolitik interpretiert werden.
Ich kann nur an die Stadt und Sie, Herr Dr. Thomas Stöhr, als unser Bürgermeister appellieren, den angedachten Vorschlag zu überdenken und in dieser Form abzulehnen. Mit den geplanten Änderungen entwickelt sich Bad Vilbel von einer familienfreundlichen Stadt zu einem Ort für Besserverdienende ohne Kinder.
Mit freundlichen Grüßen
Mirko Franke,
Bad Vilbel