Bad Vilbel. Sonntags um die Mittagszeit herrscht Totenstille im Kurhaus. Im großen Saal soll das Schnellschach-Open der Bad Vilbeler Schachfreunde stattfinden. Noch an der Tür des Saales ist kein Mucks zu hören. Ein Blick durch den Türspalt zeigt: es herrscht dort reges Treiben, aber man könnte eine Stecknadel fallen hören.
60 Schachspieler, darunter nur eine Frau und ein Mädchen, sitzen paarweise an den quadratischen Brettern mit ihren 64 Feldern und zermartern sich schweigend das Hirn. „Eine Riesenbesetzung“, flüstert der Chef der veranstaltenden Vilbeler Schachfreunde, Dieter Haas. Meister des FIDE-Verbandes waren da, fünf Internationale Meister (IM) und sogar der gebürtige Moskauer Igor Glek aus der Nähe von Essen, ein Großmeister (GM), der einmal auf Platz 12 der Weltrangliste gespielt hat.
Kai-Christian Meyer (21) aus Schöneck empfand es im Laufe des Turniers als großes Glück, seine Fähigkeiten mit Glek zu messen. Je 15 Minuten hatte jeder Spieler in jeder der elf Runden Zeit. Kai Meyer, der fast zwangsläufig Matt gesetzt wurde, hätte gern ein wenig mehr Zeit gehabt, aber: „Der GM macht keinen Fehler“. Der habe „offensiv und ziemlich riskant gespielt“, sagte Meyer hinterher: „Er hat mich unterschätzt, aber es hat einfach nicht gereicht“. Glek, durchaus auch zu einem freundlichen Lächeln fähig, gab sich gegenüber dem Verlierer sportlich fair: „Der war gar nicht so schlecht.“
Während der GM die Lage an Tisch eins klärte, mühte sich gleichzeitig an Tisch 25 ein denkbar verschiedenes Pärchen. Holger Gronau, gewichtiges und gestandenes Mitglied der Veranstalter, saß der siebenjährigen Clara Victoria Graf von Makkabi Frankfurt gegenüber. Das Mädchen knöpfte dem Mann, der ihr Großvater sein könnte, eine wichtige Figur nach der anderen ab. Als sie noch zwei Offiziere mehr hatte, er aber nur eine und lediglich mit zwei Bauern im Plus war, gab er auf. Zum Schluss hatte die Siebenjährige viermal gesiegt und einmal Remis gespielt. Platz 47 unter 60 Teilnehmern war ihr Gesamtergebnis. Holger Gronau war mit Platz 51 weniger erfolgreich.
Ein paar Runden später, in der siebten, erwischte es dann den Favoriten. Glek, seit 20 Jahren Großmeister und seit zehn Jahren in Deutschland lebend, verlor gegen den Landsmann Boris Margolin, einen Internationalen Meister und Nummer eins des renommierten Schachvereins Oberursel.
Währenddem eilte Erik Zude aus Hofheim von Sieg zu Sieg. Er blieb ohne Niederlage, lediglich zwei Remis trübten den Gesamteindruck ein wenig. „Ich bin heute ein Glückskind, so klar habe ich schon lange nicht mehr gesiegt“, soll der Internationale Meister nach der Siegerehrung ausgerufen haben. Dann war er um 300 Euro und einen Pokal reicher. Die Bad Vilbeler Bilanz war nicht ganz so aufregend. Behrang Sadeghi und Klaus Schmitzer, die in der Quellenstadt wohnen, aber in Friedberg beziehungsweise Schöneck Vereinsmitglied sind, landeten auf den Plätzen 15 und 16. Das beste Mitglied des veranstaltenden Vereins wurde Artur Tews auf Platz 33.