Von Samstag bis Montag steigt in Dortelweil die traditionelle Kerb. Die Kerbburschen und –mädels bereiten sich schon seit Monaten auf diesen großen Augenblick vor.
Bad Vilbel. Andre Hensel ist ein waschechter Dortelweiler: Seine Eltern kommen von hier, schon sein Vater war Kerbbursch. Der 22-jährige Student ist gerne im Vilbeler Stadtteil, sonst würde er nicht jeden Tag zur Hochschule nach Gießen pendeln. Die Kerb hat er von Kindesbeinen an mitbekommen: „Ich habe sie noch im Feld erlebt! Für mich ist das eine lebendige Tradition, die gerade in unserem durchmischten Stadtteilt gut ist.“
Heute findet die Kerb am Dortelweiler Platz und im Kultur- und Sportforum statt. Und Andre Hensel ist seit sechs Jahren als Kerbbursch dabei, in diesem Jahr ist er zum Chef der Kerbburschen gewählt worden. Allesamt eint sie, den Gedanken der Tradition mit Leben zu erfüllen. Das gilt für den 16-jährigen Philipp Kruse genauso wie für Nando Stork, der mit 25 Jahren der „Dino“ in der zwölfköpfigen Crew ist.
Dortelweil aufwecken
Seit drei Monaten bereiten sie sich gemeinsam auf das Ereignis „Kerb“ vor. „Dreimal pro Woche haben wir uns getroffen. Es steckt schon viel Arbeit dahinter“, sagt Hensel. So haben die Mädels und Burschen Bühnenelemente gebaut und dann angemalt, ein Facebook-Angebot erstellt, eine Musikband für die Kerb verpflichtet und natürlich das Bühnen-Programm für den Samstagabend auf die Beine gestellt. Davon verraten sie natürlich nichts vorab: „Das ist streng geheim, das ist auch Tradition“, sagt Hensel. Er ist froh, dass seine Kollegen und er die Dekoration seit drei Monaten auf dem Bauernhof von Michael Steinmetz direkt hinter der Europäischen Schule lagern konnten. Dort haben sich die Kerbburschen auch ganz häufig getroffen, um zu proben.
Steinmetz fährt übrigens auch den Traktor, mit dem die Kerbburschen am Sonntagmorgen ab sieben Uhr Dortelweil aufwecken – fast logisch, dass seine Tochter Claudia auch zu den Kerbmädels zählt. „Zuerst drehen wir eine Runde durch Dortelweil-West und machen dann einen Zwischenstopp im Franz-Lehar-Weg bei der Familie Winges, dann geht es in den alten Ortsteil“, erklärt Hensel. Dort gibt es dann zum Abschluss ein Frühstück bei der Familie Bitterling – und das passt prima, denn Kerbmädel Marion Bitterling feiert just am Sonntag ihren 24. Geburtstag.
Die Kerbmädels kümmern sich auch um das Kinderprogramm am Nachmittag. Es gibt Sackhüpfen, Eierlaufen und Kinderschminken! Daneben das witzige Schubkarrenrennen, mit dem Kerbburschen beschäftigt sind.
Ganz schön aktiv sind sie, die Kerbburschen und Mädels. Aber Chef Hensel legt Wert darauf, dass der Kerbburschenklub kein geschlossener Kreis ist: „Wir freuen uns sehr, wenn neue Leute hinzustoßen. Wir können jeden gebrauchen. Jeder kann sich bei uns mit dem einbringen, was er tun möchte.“ Ein Höhepunkt der Kerb ist es, wenn die Burschen am Samstagnachmittag den Kerbbaum am Dortelweiler Platz in die Höhe wuchten. Viele Kinder sind dann ab 16 Uhr vor Ort versammelt, aber schon eine Stunde früher setzt sich der Umzug von der Feuerwehr aus in Bewegung. Doch wo kommt der Kerbbaum eigentlich her? Den hat sich Hensel letzte Woche mit Matthias Kleisch, einem Veteranen der Kerbburschen, im Vilbeler Wald ausgesucht – und am Mittwoch holen sie ihn ab. Bei so viel Engagement kann man nur den Hut vor dem Nachwuchs ziehen.