Veröffentlicht am

Keine Mais-Monokultur-Karbener Biogas-Anlage soll sich aus diversen Gär-Stoffen speisen

Karben. „Erinnern Sie sich noch an 1999?“ Schönecks Erste Beigeordnete Barbara Neuer-Markmann (Grüne) zieht die Augenbrauen nach oben. „Da ist halb Büdesheim geschlämmt worden.“ Es sei durchaus wahrscheinlich, dass so etwas wieder passiere. „Aber wir wollen es nicht durch den Anbau von Mais-Monokulturen provozieren.“

Denn die Maispflanzen hielten die Erde bei Starkregen weniger auf dem Acker fest als andere Pflanzen. Fahren die Zulieferer der künftigen Groß-Karbener Biogas-Anlage die örtlichen Feldwege kaputt? Das hat die Schönecker zum Nachfragen bewogen.

Für Furcht in den Nachbarorten Schöneck, Nidderau und Niddatal gebe es keinen Grund, sagt Bürgermeister Guido Rahn (CDU). „Niemand muss sich Sorgen machen.“ Dass es diese dennoch gebe, führt er auf „falsche Kommunikation“ zurück. Zuviel werde im Hörensagen über das Projekt verbreitet. Ein früherer Gesprächstermin mit den drei Bürgermeistern als in der nächsten Woche sei aber nicht machbar gewesen.

Dann wollen Rahn und Ulrich Löttert-Götz vom nordhessischen Projektentwickler Abicon den drei Rathauschefs alle Details erklären. Beispielsweise, dass für die Anlage keine Mais-Monokulturen zu befürchten seien. „Mais wird einer von mehreren Stoffen sein“, sagt Löttert-Götz. Vor allem Grünpflanzensilage – also gehäckselter Grünroggen – werde verwendet. Auch werde die speziell angepasste Anlage tierischen Mist aufnehmen: Den von den Pferden von Hof Cost aus Groß-Karben und den von Puten aus der Mastfarm am Marienhof selbst. Angesichts zurückgehender Absatzmärkte für Zuckerrüben denken die Betreiber selbst an deren Einsatz als Energielieferant.

Vor zusätzlichem Verkehr müssten sich die Nachbarn ebenso wenig sorgen, beteuert Guido Rahn. Der größte Teil der Rohstoffe werde aus einem Umkreis von drei Kilometern zur Anlage geliefert. „Da muss niemand durch einen Ort fahren.“

Im Gegenteil: Die Anlage könne gar zur Entlastung der Ortsdurchfahrten beitragen. Denn Lastwagen könnten die außerorts gelegene Anlage direkt anfahren und müssten die Frucht nicht mehr in oft innerorts liegende Höfe bringen, von wo sie später wieder per Lkw abgeholt werden müssten.

Zusätzlicher Verkehr aber werde nicht erzeugt. „Auf den Feldern wächst heute doch auch schon etwas“, erinnert Rahn. Möglich sei allenfalls, dass die Ernte mit größeren Fahrzeugen geschehe, dafür aber mit weniger Fahrten.

Wie sich der Ernteverkehr durch die Anlage genau verändere, werde das Verkehrsgutachten zeigen, das gerade nochmals geprüft werde, erklärt Ulrich Löttert-Götz. „Derzeit läuft alles gleichzeitig“, erläutert Guido Rahn. Die Karbener stehen unter Zeitdruck: Bis Ende des Jahres muss die Anlage in Betrieb gehen, wenn sie die aktuellen, hohen Einspeisevergütungen mitnehmen will. „Auf dieser Basis ist alles kalkuliert“, sagt Rahn.

Die Bundesregierung will das Erneuerbare-Energie-Gesetz ändern. Um den Zeitplan einzuhalten, haben die Karbener parallel zur Genehmigung bereits den Bauantrag gestellt und Anlagenteile in Auftrag gegeben. Im Juni sollen das Parlament grünes Licht geben, im Spätsommer der Bau beginnen.

Dass sie das Projekt nicht mehr aufhalten kann, weiß Schönecks grüne Beigeordnete Neuer-Markmann. „Das wollen wir auch gar nicht, wir begrüßen es ja.“ Wegen der fehlenden Infos gebe es jedoch „keine vorbehaltlose Zustimmung“, sagt sie. „Wir wollen uns das erstmal erläutern lassen.“ (den)