Die teilweise Sperrung der renaturierten Nidda sorgt für Ärger bei den Betroffenen. Der Konflikt zwischen Naturschutz und Freizeitnutzung werde weiter verschärft, statt dass versucht werde, ihn gemeinsam zu lösen, lautet die Kritik von den Freizeitsportlern.
Bad Vilbel. „Ich bin stinkesauer“, sagt Kurt Sänger, während er auf die idyllisch dahinfließende Nidda unterhalb des Gronauerhofs blickt. Obwohl der grüne Ortsbeirat aus Dortelweil selbst nicht mehr so oft Kanu und Kajak zu Wasser lässt, regt ihn eine Anordnung des Wetteraukreises auf. Damit soll die Nidda an drei Stellen (Ilbenstadt, Gronauer Niddaknie und Erlenbachmündung bei Massenheim) ab 15. März bis zum Herbst für den Wassersport gesperrt werden, um die renaturierten Bereiche zu schützen. Es habe gar kein Wille bestanden, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, moniert Sänger. Von Anfang an habe festgestanden, „die Boote aus der Nidda rauszudrücken“.
„Um die renaturierten Flächen dauerhaft zu schützen, ist es unabdingbar, sie für Boote zu sperren“, betont hingegen Michael Elsass, Pressesprecher des Wetteraukreises und selbst Bootfahrer. Die Verordnung gilt zunächst ein Jahr. Damit solle die aufwendig neugestaltete Nidda geschützt werden. Amtliche Kontrolleure soll es nicht geben, doch gebe es viele ehrenamtliche Naturschützer, die Verstöße registrieren würden, so der Kreis-Sprecher. Die Boote tragen nämlich alle eine Registrierungsnummer.
Es hat schon 2010 und zuletzt im November 2011 Gespräche im Sinne einer Anhörung mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB), dem Landessportbund und der Vereinigung der Kanuten gegeben, erläutert Elsass. Danach sei entschieden worden.
Dies ruft den Protest der Wassersportler hervor. „Eine überraschende Entscheidung“ sei die Sperrung gewesen, „ohne dass man mit uns darüber geredet hätte“, sagt Horst Delp, beim Hessischen Landessportbund (LSBH) für Infrastrukturdinge zuständig.
Seitens des organisierten Sports wurden der UNB verschiedene, an anderen sensiblen Flüssen schon bewährte ökologisch vertretbare Lenkungsmaßnahmen für den Kanusport vorgeschlagen – wie etwa die Befahrung ab einem Mindestpegel, Uferbetretungsverbot, gekennzeichnete Ein- und Ausstiegsstellen und Pausenplätze, Fahrten nur in kleineren Gruppen, tageszeitliche Einschränkung, „die jedoch von der UNB in keinster Weise Beachtung fanden“, klagt Petra Schellhorn, Vizepräsidentin des Kanu-Verbandes (HKV) in Hessen. Beim Verband ist man über das Stichwort „Anhörung“ erstaunt; man habe gedacht, dass gemeinsam nach einer Lösung gesucht werde. Man sei bemüht, Regelungen mit einem Mehrwert für alle zu finden, so Delp. Früher habe es öfters Befahrungsverbote gegeben. Doch habe man etwa in Nordhessen und entlang der Kinzig Regelungen gefunden, um alle Nutzer harmonisch einzubinden.
Einen möglichen Kompromiss nennt Sänger. Die Nidda führe ab Gronau genügend Wasser, um ein durchgängiges Paddeln bis Frankfurt zuzulassen. Dabei seien die Kanuten durchaus umweltbewusst und würden das Ende der Brut- und Setzzeit bis Ende Juli abwarten wollen. Der HKV biete Mitgliedern in Kooperation mit NABU und dem BUND Ausbildungen zum Kajakfahren an. Das Problem seien vielmehr die professionellen Kanuverleiher, die jeden auf den Fluss ließen. Daher wäre es nur vernünftig, über einen Kanu-Führerschein nachzudenken, findet Sänger.
Der Grüne sieht aber auch ein nicht nur die Kanuten betreffendes grundsätzliches Problem bei der Renaturierung. Der Kreis werbe damit – und sperre gleichzeitig die so aus der Region angelockten Besucher aus. Hinter dem Gronauerhof würden sie durch eine weite Schleife über Ackerland gelenkt, danach versperrten Zäune den Zugang. Selbstkritisch merkt Sänger an, auch seine grünen Parteifreunde im Regionalverband hätten sich noch nicht um ein Konzept für integrativen Naturschutz gekümmert.