Karben. Die evangelischen Kirchengemeinden in Karben versuchen den Spagat. Einerseits bilden sie eine Gesamtkirchengemeinde, andererseits haben sie vor Ort die Ortsgemeinden belassen. Noch nicht alles läuft, wie man es sich vorher vorgestellt hatte. Und jetzt kommt eine Sorge hinzu.
Wenn Pfarrer Eckart Dautenheimer über die neue Gesamtkirchengemeinde spricht, hört man unschwer heraus, dass ein schwieriger Prozess im Gang ist. Seit Januar haben sich die evangelischen Kirchen in Karben neu organisiert. Schon die Geburt dieser neuen Konstruktion war schwierig, denn die Petterweiler Protestanten wollten nicht mitmachen. Und so bildeten Groß- und Klein-Karben, Okarben, Burg-Gräfenrode und Rendel eine Gesamtkirchengemeinde.
Das hatte zunächst personelle Folgen: Aus fünf Kirchenvorständen wurde nur einer. Doch die einzelnen Gemeinden vor Ort behielten ein Gremium, was für die einzelnen Kirchen im Stadtteil zuständig ist, die Ortsgemeindevorstände. So ganz recht scheint diese Konstruktion dem Vorsitzenden des Gesamtkirchenvorstandes, Eckart Dautenheimer, nicht zu sein. »Ich habe in diesem Prozess auch dazugelernt. Ich musste akzeptieren, dass die Ortsgemeinden weiter existieren.« Allerdings hat das neue Konstrukt auch seine Vorteile, wie der Vorsitzende weiß. Denn es erhält mehr Pfarrstellen, als es sonst der Fall gewesen wäre. Denn die Evangelische Kirche Hessen-Nassau schaut genau auf die Zahl der Mitglieder vor Ort, und danach werden dann die Pfarrstellen berechnet. Gibt es sogenannte Rundungsdifferenzen, kann der einen oder anderen Kirchengemeinde durchaus mal eine halbe Stelle gestrichen werden.
»Das erleben wir gerade in Petterweil. Sie haben bei dem gemeinsamen Kirchenverbund nicht mitgemacht und jetzt eine halbe Stelle verloren«, sagt Dautenheimers Stellvertreterin Ina Lauster-Ulrich. Insgesamt gibt es für die aktuell rund 5800 Gemeindemitglieder 3,5 Pfarrstellen. Das klingt erstmal nicht viel, relativiert sich aber, weil die Pfarrer im Team arbeiten, also ihre Gottesdienste nicht, wie früher, nur in der eigenen Kirchengemeinde halten. Trotz dieser Vorteile der Stellenbesetzung ist die Bildung der Gesamtkirche nicht problemlos verlaufen. »Einige sind doch irritiert«, gibt der Vorsitzende zu. Der Zusammenschluss laufe nicht so, wie man sich das anfangs vorgestellt habe.
Häufige Ansprachen, aber keine Zusagen
Zurzeit bereiten die Verantwortlichen die Wahlen zum neuen Kirchenvorstand vor. 17 Plätze sind hier zu besetzen. »Bislang haben sich erst sechs Kandidaten gemeldet«, bedauern Dautenheimer und Lauster-Ulrich. Viele aus dem jetzigen Vorstand wollten vor allem aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weitermachen. Im Vorstand werde ein Generationenwechsel stattfinden.
»Wir haben die Leute angesprochen«, sagen die beiden. Doch das Ergebnis ist, Stand jetzt, mau. »Die Leute wollen sich einfach nicht mehr binden«, sagt Lauster-Ulrich. Und einigen ist offenbar auch nicht recht, dass sie sich auf einmal für alle Kirchengemeinden zuständig fühlen sollen. Der Gesamtkirchenvorstand hat nämlich viele Aufgaben und dementsprechend viele Sitzungen.
Kandidatensuche bis Mitte Januar
Allerdings trage auch die Corona-Pandemie dazu bei, dass man die Menschen nicht so ansprechen könne, wie sonst. So seien etwa die Pfarrfeste ausgefallen.
Bis Mitte Januar will man noch suchen, denn dann muss die Liste mit den Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt sein. Die eigentlichen Wahlen finden am 13. Juni statt.
Von Holger Pegelow