Bad Vilbel. „Feiert fleißig Karneval, Leute, dann bleibt ihr normal!“ Diesen fachmännischen Rat gab der Hauspsychiater der Sandhasen, Sitzungspräsident Wolfgang Merk, am vergangenen Samstag über 120 Besuchern der Kampagne-Eröffnungssitzung im Kurhaus. Dennoch entdeckte er im Publikum, ja sogar im Siebenerrat, einige Patienten, die er aus seiner Praxis kennt. Dass jeder eine kleine Macke hat, sei bekannt, tröstete er besonders seine Präsidentin Margot Hilling. Sie hatte gestanden, dass sie seine Hilfe in Anspruch nehmen musste, weil sie depressiv geworden war, nachdem sie so lange Zeit nicht „Helau!“ rufen durfte. Nun darf sie wieder und mit ihr das ganze närrische Bad Vilbel.
Dass die Tanzgruppen schon bestens auf die Kampagne vorbereitet sind, zeigten sie durch ihre beeindruckenden Auftritte und durch ihre kecken Kostüme. Geleitete doch das Gardecorps das Sitzungspräsidium mit dem Kinderprinzenpaar Lauren I. und Jonas I. beim Eröffnungseinzug nicht wie gewohnt in seinen schicken Uniformen auf die Bühne, sondern im aufreizenden Bunny-Outfit mit winkendem Bommel dort, wo er hingehört. Als besonderer Blickfang erwies sich das Kostüm beim ersten Marsch, den die überwiegend weiblichen Häschen aufs Parkett legten. Die 17 jüngsten Tänzer im Verein (drei bis sieben Jahre) präsentierten unter der Leitung von Julia Orth, Simone Jung, Silke Kronour und Marie-Luise Olbrich in der Purzelgarde einen putzigen Schautanz als „Regenbogenfische“. Da ging wirklich jedem das Herz auf, und ohne Zugabe durfte der Nachwuchs nicht von der Bühne.
Eine tolle Idee: „Die vier Jahreszeiten“, die die sieben- bis elfjährigen Bunnys mit Jacqueline Witt einstudiert haben. Da erwachen im Frühling die Früchtchen, im Sommer geht es „Ab in den Süden“, gruselige Halloween-Geister erwachen im Herbst um im Winter dem Weihnachtsmann mit seinen Engeln zu weichen. Die elf- bis 16-jährigen Stoppelhopser lernten von Trainerin Yasemin Bedil, wie „Felix auf Reisen geht“. Schließlich boten die Big-Bobbes-Mama-Wackler als gemischtes Ballett einen Augenschmaus mit ihrer „Abba-Mania“.
Als Stargast konnten die Sandhasen Madame Chou-Chou gewinnen. Mit ihrem Massenheimer Ensemble zauberte sie eine fantastische Cheerleader-Lichtshow auf die Bühne.
Auch die Wortvorträge sitzen schon. Was ein Fußballer alles zu erleiden hat, davon wusste Marina Gattinger-Taucher ein Lied zu singen. Sitzungspräsidentin Margot Hilling hatte als „Männerrechtlerin“ die Lacher im Saal natürlich auf ihrer Seite. Glücklicherweise war sie dank des Psychiaters und des Starts der fünften Jahreszeit wieder kerngesund.
Obwohl Professor Dr. Merk nicht ganz zu unrecht fragte, ob einer ganz normal ist, der sich ins Hemd mit steifem Kragen und Fliege quetscht, Orden umhängt, den letzten Euro für teuren Sekt ausgibt, eine Nacht lang in der Bar schwitzt und keine Luft kriegt, um am anderen Tag verkatert festzustellen: „Gott war das schön!“ Ihm kann es recht sein, denn sein Job ist krisensicher: „Wer’n die Zeiten auch noch schlimmer, Bekloppte – glaubt’s mir – gibt es immer.“
Nicht so, sondern körperlich erkrankt, konnte „Sandhas“ Horst H. Hilling dieses Jahr sein Protokoll nicht vortragen. Mit einem Vierzeiler entschuldigte ihn Wolfgang Häger, der als Ersatz immerhin einen lebensgroßen Sandhas aus Pappmachee mitbrachte. „Das ist der Schönste, den wir je hatten“, entfuhr es Margot Hillings losem Mundwerk. Aus dem Nähkästchen plauderte Elke Pulver, die in knallblauer Stromschlag-Frisur ein Leidenslied auf das Preisesammeln für die Tombola in der Fremdensitzung anstimmte. Weil sie nichts bekommen hat, wird sie womöglich selbst der Hauptpreis sein. Doch diese Sorgen lösten sich in nichts auf bei den fröhlichen Liedern, die die Fidelios anstimmten. So lässt sich gut in die fünf Mal elfte Jubiläumskampagne der Sandhasen durchstarten.