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Kanonenfutter und Partnerschaft

Pfarrer Schulz
Pfarrer Schulz

Vor zwei Wochen bin ich aus Indien zurück gekommen. Zu dritt hatten wir am Diözesanrat, der Synode unserer Partnerkirche Diözese Amritsar, teilgenommen, in Kashmir und Punjab Gemeinden besucht.

Im sonst so unruhigen Kashmir war es friedlich. Und wir genossen die freundliche und aufmerksame Gastfreundschaft unserer Partner. Ganz erfüllt von der Freundlichkeit und Freundschaft mit den Menschen in Nordindien kehrten wir zurück. Daran musste ich denken, als ich in der vergangenen Woche zufällig auf einen Artikel über indische Kriegsgefangene im ersten Weltkrieg in Deutschland stieß. Viele Soldaten aus dem britischen Kolonialreich kämpften damals in Europa.

Über 200 indische Soldaten der damaligen britischen Armee liegen in Berlin, auf dem Zehrensdorfer Friedhof begraben. Viele von ihnen stammen aus dem Punjab, dem 5 Stromland, das zwischen Indien und Pakistan geteilt ist. einer Region, wo nach der früher gängigen britischen Stereotype die „martial races“ besonders stark vertreten sind. Nach dieser Theorie waren die Menschen im Punjab, im Gegensatz zum Großteil der indischen Bevölkerung, der als verweichlicht, wankelmütig und hinterlistig dargestellt wurde, eher treu, mutig und stark. Besonders die Jats eine Kaste von Menschen, die vor allem auf dem Land arbeiten, aber auch schon immer als Söldner unterwegs waren, galt der Kolonialregierung als politisch unbedenklich, weil geistig eher unbedarft. Ihre Treue und ihr Kampfesmut wurden jedoch schlecht belohnt. Im Kontext des Krieges waren sie für die Regierung nur „Menschenmaterial“, das als Kanonenfutter eingesetzt werden konnte. Es hat mich seltsam berührt, dass Menschen aus der gleichen Region wie unsere Partnerkirche fast vergessen auf Soldatenfriedhöfen bei uns liegen, aber kaum als Opfer des Großen Krieges bekannt sind. Genau wie die Dalits – die „Unberührbaren“ – heute werden sie erst allmählich wahrgenommen und in ihrer Menschenwürde ernst genommen. Unter ihnen sind Vorfahren der Mitglieder unserer Partnerkirche. Sie sind genauso Kinder Gottes wie wir. Auch das ist ein Grund, die Partnerschaft mit der Diözese Amritsar auszubauen.

Konrad Schulz, Pfarrer für Ökumene und Partnerschaft