Karben. Schon zum zweiten Mal in dieser Wahlperiode gräbt das Stadtparlament in den Finanzgeschäften von Bürgermeister Roland Schulz (SPD) herum. Nach den städtischen Krediten sind nun die der Stadtwerke an der Reihe: War es wirtschaftlich sinnvoll, dass Schulz im vergangenen Jahr 80 Prozent der 11,9 Millionen Euro Stadtwerke-Kredite vorzeitig verlängerte? Und: Hat Schulz diese Entscheidung möglicherweise unzulässig im Alleingang getroffen? Das vermutet zumindest die Koalition aus CDU, FWG und FDP. Sie setzte durch, dass nun ein Wirtschaftsprüfer die Geschäfte mit der Helaba unter die Lupe nimmt. Der bekam jüngst vom Haupt- und Finanzausschuss seine Aufträge.
Der Prüfer ist Klaus Dieter Hartmann, Diplom-Kaufmann und Wirtschaftsprüfer bei Schüllermann und Partner in Dreieich, einem profilierten Prüfer kommunaler Finanzen. Und Hartmann scheint zu ahnen, in welches politische Haifischbecken er da geholt wird: „Ich prüfe nicht, was man hätte anders machen können“, schränkt er im Gespräch mit dem Ausschuss sogleich vorsichtig ein. „Schwierigkeiten“ könne es geben, „wenn wir ein Kreditgeschäft in der Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit prüfen müssten“, gibt Hartmann zu bedenken. Da sei ein Wirtschaftsprüfer kein Bankfachmann und könne bei den vielen Produkten der Banken schlecht einen objektiven Überblick erlangen.
Genau die Frage der Wirtschaftlichkeit scheint aber ein wichtiger Knackpunkt zu sein: Denn erst zu Jahresbeginn war die Prüfung von identischen Geschäften bei den städtischen Krediten ohne eindeutiges Ergebnis geblieben. Ein Akteneinsichtsausschuss des Parlaments hatte seinerzeit zwar ermittelt, dass der Stadt ein Schaden von mindestens einer halben Million Euro entstanden ist. Die Kommunalaufsicht wertete das Vorgehen des Bürgermeisters aber als akzeptabel und monierte lediglich, dass er keine Vergleichsangebote einholte, als er 90 Prozent der Stadt-Kredite vorzeitig verlängerte. Schulz selbst verteidigt sich: Er habe niedrige Zinsen nutzen und 340 000 Euro bis zum Jahr 2010 sparen wollen.
Nach Stadt-Krediten im Umfang von 21,9 Millionen sind bei den Stadtwerken – ein Eigenbetrieb der Stadt – nun Kredite mit einem Gesamtvolumen von 11,6 Millionen Euro betroffen. Auch diese verlängerte Schulz im März 2006 vorzeitig. Er wollte damit 195 000 Euro bis 2010 sparen. Aber nach Einschätzung der Koalition ging Schulz dabei ohne rechtzeitige Legitimation vor. Denn der entsprechende Grundsatzbeschluss des Magistrats vom 6. Februar 2006 habe die Stadtwerke-Kredite nicht umfasst, sagt Michael Ottens (FWG), Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses.
Zwei pikante Details: Erst in einer der Sitzungen des Akteneinsichtsausschusses zu den Stadt-Krediten hatte Schulz eingeräumt, gleiche Geschäfte auch bei den Stadtwerken vorgenommen zu haben. Und dann brachte die FNP ans Tageslicht, dass sich der Bürgermeister die Stadtwerke-Kreditgeschäfte im Februar 2007 in geheimer Sitzung doch noch vom Magistrat absegnen ließ – fast ein Jahr nach Vertragsabschluss. „Aus Gründen der Rechtsklarheit“, sagt Schulz – weil er keine Genehmigung hatte und es gar nicht durfte, sagt die Koalition.
In dieser Frage erhoffen sich die Parlamentarier nun definitive Aussagen von Hartmann. „Ich überprüfe, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten wurden“, erläutert der. „Das gehört bei solchen Begutachtungen schon dazu.“ Bis Mitte Oktober will Hartmann dem Ausschuss Bescheid geben, wie viel Zeit er für das Prüfen braucht und wie teuer es wird.
Sollten rechtliche Verstöße vorliegen, würde ein Prüfen der Wirtschaftlichkeit folgen, erklärt Ottens. Denn innerhalb der vergangenen Monate entwickelte sich eine bundesweite „Swap-Affäre“ mit diversen betroffenen Kommunen: „Es scheint, dass Banken relativ unbedarften Kämmerern Instrumente verkauft haben, ohne dass denen das Risiko bekannt war“, sagt Ottens. Wobei er neben möglicher mangelnder Beratung der Banken auch fehlendes Wissen und Nachfragen aus den Rathäusern verantwortlich macht. Ob das auch in Karben der Fall war, diese Erkenntnisse erhofft sich der Ausschuss nun vom Gutachten. Ottens denkt längst daran, auch die Helaba in die Pflicht zu nehmen, falls die Geschäfte zu Lasten der Stadt gingen. Aber: „Eine Regressforderung ist nur möglich“, sagt Ottens, „wenn eine Falschberatung vorliegt.“ (den)