Einmütig hat Karbens Stadtparlament entschieden, sich auf den Weg der Entschuldung machen zu wollen. Gespart werden müsse sowieso, nun erhalte man dafür aber auch noch 16 Millionen Euro vom Land, freuen sich fast alle.
Karben. Alle Arme recken sich im Petterweiler Albert-Schäfer-Haus in die Höhe. Die leidenschaftliche Debatte vorher hätte das nicht unbedingt erwarten lassen. Doch am Ende sagen CDU, Freie Wähler, FDP, SPD und Grüne Ja dazu, dass sich Karben entschulden will.
Mit der Entscheidung hat Bürgermeister Guido Rahn (CDU) grünes Licht erhalten, mit dem Land in Verhandlungen über einen Vertrag zu treten, damit Karben unter den kommunalen Schutzschirm schlüpfen kann. Als eine von 90 Kommunen und Kreisen könnte Karben einen Teil seiner Schulden abtreten – immerhin 16,3 Millionen Euro. Im Gegenzug muss Karben versprechen, seinen Haushalt auszugleichen und das 30 Jahre lang zu halten. Dafür haben Vertreter aller Fraktionen eine gemeinsame Liste mit Kürzungen erarbeitet. Zwei Millionen Euro pro Jahr wollen sie einsparen.
Gegenseitiges Lob
„Der Weg der Konsolidierung ist notwendig – auch ohne den Rettungsschirm“, sagt Grünen-Fraktionschef Mario Schäfer. „Das Ziel haben wir sowieso“, stimmt Bürgermeister Rahn zu. Denn 60 Millionen Euro Schulden lasten auf der Stadt und jedes Jahr fährt sie ein dickes strukturelles Minus ein.
Den ohnehin nötigen Sparkurs belohne das Land nun faktisch mit den 16,3 Millionen Euro. Damit könne sich Karben wesentlich entschulden, also Handlungsfreiheit zurückgewinnen, erinnert Rahn. „Es wäre töricht, diese Chance nicht zu ergreifen.“ Das sei „eine historische Chance“, sagt auch CDU-Fraktionschef Mario Beck.
Was wohl kaum weniger wichtig ist: Die Erkenntnis scheint alte Gräben zwischen den Parteien zu überwinden. Selbstkritisch räumt zum Beispiel Mario Beck ein, dass es falsch gewesen sei, Steuererhöhungen gänzlich auszuschließen. Dafür zollen ihm SPD und Grüne Lob – so wie er ihnen Lob dafür zollt, sich zu beteiligen, denn „Kürzungen bei freiwilligen Leistungen tun allen weh“. Und der liberale Stadtverordnete Oliver Feyl gesteht ein: „Die FDP hätte die Gewerbesteuer gerne nicht so weit erhöht – aber, na gut.“
Ganz um Vorwürfe kommen die Stadtverordneten dann aber doch nicht herum. Dass es mit der Koalition ein Ende für das „fröhliche Geldausgeben vor 2006“ gegeben habe, merkt FDP-Feyl an. Und dass er schon 1998 als Stadtverordneter ein Ende des Schuldenmachens gefordert habe, daran erinnert FW-Stadtrat Michael Ottens. „Unendlich stolz“ könne die Koalition darauf sein, dass Karben heute immerhin noch den gleichen Schuldenstand wie 2006 habe, trotz der Finanzkrise. „Dabei haben wir die Leistungen massiv ausgebaut, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung.“
Ottens lange Ausführungen und Vorwürfe an die ehemalige SPD-Regierungen sorgten allerdings für Unmutsbekundungen in den Zuschauerreihen. Stadtverordnetenvorsteherin Ingrid Lenz (CDU) hat ihre Mühe, ihn zu bremsen, als er SPD-Fraktionsgeschäftsführer Jochen Schmitt als „persönlichen Nutznießer dieser Selbstbedienungsmentalität“ bezeichnet.
„Der Schutzschirm rettet die Stadt nicht“, warnt Linken-Stadtverordnete Hinkel. Sie stimmt als einzige dagegen: Der Schutzschirm sei eine Mogelpackung. Die Sparvorschläge träfen „die, die nicht über viel Geld verfügen“. Und es werde nicht bei den bisher geplanten Sparmaßnahmen bleiben.
Bis zum Jahresende wollen die Politiker die Sparvorschläge ausarbeiten, den Bürgern vorstellen und mit ihnen diskutieren. „Wir werden“, räumt FW-Fraktionschefin Rosemarie Plewe ein, „den Bürgern einiges zumuten.“ (den)