Wer in Karben heiraten möchte, hat künftig ein weiteres Trauzimmer zur Auswahl. Der restaurierte Lieselturm in Burg-Gräfenrode wartet auf Paare, die sich das Jawort geben wollen. Aber Vorsicht: Ins kleinste Standesamt Hessens passen nur schlanke Menschen.
Karben. Das Gelände der Oberburg in Karbens kleinstem Stadtteil ist ein idyllischer Ort. Die Burg selbst, das weitläufige Gelände und der Lieselturm machen das Anwesen zu einem der schönsten weit und breit. Es bietet sich geradezu an, hier auch einmal etwas zu feiern, beispielsweise eine Hochzeit.
Möglich ist dies seit vergangenen Sonntag (1. Juli). Am Tag zuvor war der komplett restaurierte und unter Denkmalschutz stehende Lieselturm offiziell eingeweiht und im Rahmen des jährlichen Weinfestes eröffnet worden.
Anderthalb Jahre haben die Bauarbeiten zur Sanierung dieses Turms gedauert. Für den kleinen Ort und seine Bewohner war das ein gewaltiger Kraftakt. Immerhin sind 40 000 Euro durch Spenden und eine Fundraising-Aktion der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau zusammengekommen.
Das ist ein Drittel der Gesamtkosten von 120 000 Euro. 80 000 Euro hat die Amtskirche bezahlt, denn das Gelände gehört der Kirche – noch, denn sie möchte es an Private verkaufen, eine nicht unumstrittene Idee.
Spenden gesammelt
Ganz und gar unumstritten war jedoch, dass sich die Roggauer an den Kosten für die Turmsanierung beteiligen. „Es hat ein Riesenengagement der örtlichen Vereine gegeben“, sagen Ina Lauster-Ulrich, die beim Kirchenvorstand für die Finanzen zuständig ist, und Christiane Köber vom Förderkreis. Der hatte sich 2015 gegründet und es sich zur Aufgabe gemacht, Spenden einzusammeln.
Es wurde das Fachwerk komplett entkernt, die falschen Ytong-Steine wurden durch Lehmsteine ersetzt, etliche Querbalken wurden erneuert, die Dachbalken neu gestrichen. Der Turm verfügt über einen komplett neuen Boden, den Alex Fröhlich aus Burg-Gräfenrode in viel Eigenleistung selbst eingebaut habe, wie Lauster-Ulrich berichtet. „Er hat hier im Turm viele Stunden zugebracht“, lobt sie das tatkräftige Engagement. Der Turm hat auch eine komplett neue Elektrik erhalten, im ersten Stock eine Toilette und einen Lagerraum. Das Prunkstück aber ist der Raum im zweiten Stock, zu dem eine enge Wendeltreppe hochführt. Hier wurde ein Holzboden eingebaut, alle Balken entweder erneuert oder gestrichen, ebenso haben die Fenster einen neuen Anstrich erhalten.
Der Raum in luftiger Höhe ist keine 20 Quadratmeter groß, aber sehr heimelig. Demnächst erhält er noch die passende Einrichtung. Die beiden Tische sind schon da, es kommen noch Stühle und Hussen.
Denn alles soll feierlich aussehen. Schließlich dient der Mehrzweckraum seit Monatsbeginn auch als Trauzimmer der Stadt. Die Idee hatte Christiane Köber, Förderkreis und Kirchengemeinde waren angetan. „Wir haben dann an den Bürgermeister geschrieben, und uns vor Ort mit den Standesbeamten der Stadt getroffen.“ Einhellige Meinung: Das ist ein schönes Ambiente zum Heiraten.
Heimeliges Ambiente
Allerdings könnte mancher dazu auch Nein sagen: Um die enge Wendeltreppe hochzukommen, muss man schon einigermaßen trittsicher und vor allem schlank sein. „Für korpulente Paare ist das hier nicht geeignet“, sagen Lauster-Ulrich und Köber.
Dennoch, wer es wagt, findet ein idyllische Ambiente, dazu gehören nicht nur Bilder mit Fotos von Burg-Gräfenröder Hochzeitspaaren und -gesellschaften, sondern etwa auch der Blick aus dem Fenster in den schönen Garten der Oberburg. Die Initiatoren bieten das zwar als Trauzimmer an, aber eigentlich ist es ein Mehrzweckraum. In Roggau kann man sich beispielsweise auch einen Vortrag vorstellen oder eine kleine, fast intime Kulturveranstaltung. Einen Probelauf dazu hat es schon am Silvesterabend gegeben. Da saß man beisammen und zitierte bei Kerzenschein Neujahrsgeschichten. Klare Meinung: „Eine schöne Veranstaltung.“