Bad Vilbel. Die Stadtwerke (Immobilienbetrieb) loten Bau der Europäischen Schule aus, bestätigte Erster Werkleiter Klaus Minkel auf Anfrage dieser Zeitung. Da eine private Schule eine Sonderimmo-bilie sei, falle auch hier der Start schwer, so Minkel. Banken tun sich zur Zeit mit der Finanzierung eines privaten Schulvereins schwer und von den Eltern seien erst Beiträge zu erwarten, wenn die Schule in Betrieb gehe. „Aus diesem Grunde erwägen die Stadtwerke, in diese Lücke hineinzugehen“, erklärt Minkel im Einvernehmen mit Bürgermeister Thomas Stöhr, der das Projekt unterstützt.
Komme es dazu, solle seiner Ansicht nach auf drei Aspekte geachtet werden, um die finanziellen Risiken zu begrenzen. Erstens würde das Schulgebäude gleich zweitverwendungsfähig entworfen, und zwar nicht nur als Schule, sondern auch als hochwertiges Bürogebäude. „Damit werden die Risiken auf ein vertretbares Maß begrenzt“, betont der Werksleiter. Drittens würde der Bau der Turnhalle zunächst zurückgestellt. Stattdessen sollte der Start des Sportunterrichts in den sieben Hallen geschehen, die es im Stadtteil Dortelweil bereits gibt. Später aber würde die Schule abends und am Wochenende ihre Halle außerhalb der Schulzeiten für städtische Nutzer öffnen, um einen Ausgleich herzustellen.
Als nächsten Schritt wollen die Stadtwerke eine europäische Ausschreibung der Architektenleistung durchführen, an der sich Architekten beteiligen sollen, die sowohl Erfahrung im Schulbau als auch im Bau von Bürogebäuden haben. Nach Ausschreibung der Bauleistung soll die Bauentscheidung der Gremien auf der Grundlage gesicherter Kosten fallen. Die Stadtwerke würden die Schule vermieten. Der Schulträger könnte zu festgesetzten Zeiten und Bedingungen das Gebäude erwerben, wenn sich die Schule finanziell gefestigt hat.
Mit der Fertigstellung sei zum Schuljahresbeginn 2012 zu rechnen. Eine Übergangslösung für das nächste Schuljahr 2011 werde geprüft, sei aber noch nicht gesichert.
Laut Informationen von Matthias Krieger von der Schulgründungsinitiative wolle man in Bad Vilbel eine Europäische Schule vom Typ III gründen, bei dem es für Schüler keinerlei Zugangsbeschränkungen gibt, die für alle Kinder offen ist, nicht nur für Kinder von EU-Beamten. Kontrolliert und geleitet wird aber auch diese Schule vom Obersten Rat. Diese Schulen sind, wie Krieger betont, „alle sehr leistungsstark“ Und als einziger höherer Schulabschluss wird das Europäische Baccalauréat von allen Mitgliedsländern der EU, ferner von der Schweiz, USA und von Kanada als Hochschulzugangsberechtigung anerkannt.
Auf dem Campus Bad Vilbel sollen ab 2012 bis zu 800 Schüler der Schulklassen 5 bis 12 auf diesen Abschluss vorbereitet werden. In allen PISA-Vergleichsstudien belegten die Europäischen Schulen Spitzenplätze, im internen Ranking steht die 2002 in Frankfurt gegründete Schule auf Platz 1.
Für Schulen des Typs I werden Lehrkräfte von den EU-Staaten für die Dauer von neun Jahren entsendet. Deren Entsendung läuft 2011 aus, so dass man einige der besten Lehrer nach Dortelweil umlenken könne. „Es ist uns auch gelungen, den Gründungsdirektor dieser erfolgreichen Frankfurter Schule, Tom Zijlstra, als Leiter der Dortelweiler Schule zu gewinnen“, freut sich Krieger.
Über 300 Anmeldungen für die Bad Vilbeler Schule gibt es bereits, davon 120 verbindliche, also „man rennt uns die Bude ein“, so Krieger. „Von daher ist uns die Partnerschaft mit Bad Vilbel, mit der sich das Projekt unbürokratisch und zügig realisieren lässt, sehr, sehr recht. Es ist nicht so, dass wir nur einige Jahre in Bad Vilbel bleiben wollen, sondern 100 und mehr Jahre, aber Klaus Minkel ist nun mal“, so Krieger, „ein umsichtiger Kaufmann“, daher habe er bei dem Refinanzierungsprojekt „für alle Fälle eine Zweitnutzung im Auge“.
„Es wäre ein Jammer, wenn die Riesenchance einer Europäischen Schule nicht zugunsten Bad Vil-bels und der Wetterau genutzt werden würde, betont Minkel. Die Nachfrage beweise, dass ein großer Bedarf vorhanden ist. „Die mehrsprachige, qualifizierte Ausbildung muss eine Antwort auf manches Zukunftsproblem sein,“ so Minkel.
Minkels Projekte haben Bad Vilbel bislang große Vorteile gebracht. Es waren die Stadtwerke, die 1993/94 mit dem Bau des Gelben Hauses, vollständig auf Kredit, Bad Vilbel den Weg zu einem Dienstleistungsstandort eröffneten. 2003/04 folgte gleichfalls auf Kredit das Brunnenkarree. Bei beiden Gebäuden wurden die Stadtwerke aktiv, als es private Initiativen nicht gab, erinnerte Werkleiter Klaus Minkel gegenüber dieser Zeitung. „Beide Gebäude haben einen sehr hohen Vermietungsstand, sind bereits erheblich entschuldet und schreiben schwarze Zahlen, ungerechnet die gewonnenen Arbeitsplätze und der Zugewinn an Gewerbesteuer. Jahrzehntelange Schmähkritik ist damit eindeutig widerlegt.