Karben. Im Winter scheint die Natur eine Ruhepause einzulegen: Braun und kahl sind die Felder, Tiere haben sich zum Winterschlaf zurückgezogen oder suchen sich mühsam ihre Nahrung. Was macht in dieser trüben und kalten Jahreszeit ein Jagdpächter? Bei dieser Frage schüttelt Armin Blatt (70) aus Rendel nur lächelnd den Kopf.
Seit dreißig Jahren betreut er das Groß-Karbener Revier. Er geht in seine Garage. „Sehen sie, ich baue hier 100 Vogelbrutkästen für unsere Hegegemeinschaft zusammen“, sagt Blatt und zeigt auf Kisten mit zugeschnittenen Fichtenholzbrettern und Dachpappen. Wenn sich im Frühjahr das erste Grün zeigt und die Vogelbalz beginnt, soll an möglichst vielen Hochsitzen ein Brutkasten hängen. So hat es die Hegegemeinschaft Friedberg-Süd im vergangenen Jahr beschlossen und Blatt als Vorsitzender hat sich an die Arbeit gemacht. Doch nur einen Teil seiner Zeit verbringt er mit diesen handwerklichen Arbeiten, denn ein Jagdpächter ist in jeder Jahreszeit im Revier unterwegs.
Das Füttern von Rehwild und Vögeln gehört dazu, auch wenn die vielen milden Tage dieses Winters noch nicht für große Not gesorgt haben. Doch falls die Witterung umschlägt und Kälte und Eis bringt, muss er vorgesorgt haben. „Ich bringe eine minimale Futtermenge aus, damit das Wild weiß, wo es etwas finden kann“, erklärt Blatt und fährt einmal die Woche mit seinem geländegängigen Auto die Wildschütten ab. Vom Karbener Wald bis zum Naturschutzgebiet Ludwigsbrunnen und den Niederungen der Nidda erstreckt sich sein 180 Hektar großes Jagdrevier. Wo immer eine Feldholzinsel das Einerlei der Äcker unterbricht oder sich ein Wäldchen ausbreitet, hat er Wildschütten angelegt.
„Der Hut muss immer dabei sein“, grinst Blatt und stülpt sich seine zünftige Kopfbedeckung über, bevor er in den Wagen steigt. Über Feldwege steuert er sein Grundstück an, auf dem er in Silos die Energiespender für Vögel wie Goldammern, Feldsperlinge und Finken lagert. Es ist der „Ausputz“ der letzten Getreideernte, die Blatt bei Landwirten einsammelte. Wenn es nicht reicht, kauft er noch Weizen, Mais oder Raps dazu.
Aber auch Federwild wie Fasan, Rebhuhn und Wachteln sollen von der Fütterung profitieren. Sobald der Boden etwas gefroren ist oder eine Schneeperiode beginnt, finden sie wenig Nahrung. „Wir haben zum Glück Rebhühner in großer Dichte und auch die Wachteln haben zugenommen“, sagt Blatt und freut sich besonders über jeden Fasan, den er sieht. Schließlich hat er einige der prächtigen Tiere jahrelang in Großvolieren gehalten und ihre Nachkommen ausgewildert. Eilig flüchten braune Fasanenhennen ins Gebüsch, als der Wagen über den Feldweg rumpelt. „Leer gefressen“, stellt Blatt fest und leert schwungvoll einen Eimer Körnersaat in der überdachten Schütte aus. Das Naturschutzgebiet am Ludwigsbrunnen ist ein Eldorado für viele Tiere. Auch Rehe halten sich hier gerne auf. Sie liegen tagsüber versteckt im Dickicht und begeben sich im Morgengrauen auf Nahrungssuche. Auch für sie hat Blatt einige Schütten angelegt.
Überall zu sehen sind Hochsitze, auf denen Blatt selbst im Winter viele Stunden verbringt. „Wenn ein Fuchs im Frühjahr nur eine Häsin reißt, fehlt der Nachwuchs für das ganze Jahr“, sagt Blatt und macht intensiv Jagd auf den Rotpelz. Mit Sorgen sieht er auch, dass sich ein weiterer räuberischer Gesell in seinem Revier breit gemacht hat: Waschbären mit der typischen schwarz-weißen Gesichtsmaske. Der geschickte Kletterer und Allesfresser stammt aus Nordamerika, wurde Anfang des vorigen Jahrhunderts erstmals in Nordhessen ausgewildert, breitet sich seitdem rasant aus. „Waschbären räubern Vogelnester aus“, sagt Blatt und stellt den unerwünschten Neuankömmling ebenso wie dem Fuchs mit Fallen nach.