Bad Vilbel. Der Kampf um die Macht in Berlin treibt auf Plakaten an Kreuzungen, Laternenmasten, entlang der Hauptstraßen und Radwege in Bad Vilbel fröhliche Ur-Stände. Aber nicht mehr lange, denn am Sonntag ist Bundestagswahl. Getreu der Devise „Viel hilft viel“ klebten oder stellten Wahlhelfer aller Parteien an strategischen Verkehrspunkten die Konterfeis ihrer Spitzenkandidaten auf. Flächendeckend, versteht sich. In der Innenstadt, an den Ausfallstraßen und in allen Stadtteilen. Kanzlerin Angela Merkel und ihr Herausforderer Frank-Walter Steinmeier lächeln von großformatigen Plakaten den Vorbeifahrenden optimistisch zu. Auf kleineren Plakaten kämpfen – ebenfalls meist lächelnd – Politiker und Politikerinnen aus der Wetterau um Stimmen und das Direktmandat für Berlin. Dabei gehen an Laternen Parteien Koalitionen und Farbkombinationen ein, auf die ihre Macher in den Parteizentralen nie kämen. Ob der Kandidat politisch rechts, links oder der Mitte zuzuordnen ist, ob er extreme Ansichten, liberale, soziale, ökologische oder christlich geprägte Werte vertritt, spielt in der „freien Wildbahn“ der Plakatkleber keine Rolle.
Gemeinsam sind allen Kandidaten vollmundige Versprechungen. Mit Slogans wie „Wirtschaft mit Vernunft“ und „Anpacken. Für unser Land“ über „Arbeit muss sich wieder lohnen“ und „Aus der Krise hilft nur grün“ wird um die Gunst der Wähler geworben. Zurückgeschreckt wird selbst nicht vor Versprechungen wie „Reichtum für alle“ und „Klarmachen zum Ändern“ bis zur NPD-Drohung „Wir halten Wort“!
Die verbalen Botschaften verströmen recht verhalten Optimismus, heben Sachkompetenz und Zupackermentalitäten ihrer Kandidaten hervor. Und unterschwellig wird an die diffusen Ängste der Bürger vor Arbeitslosigkeit, Armut im Alter, einem Leben als Sozialhilfeempfänger oder Angst im globalen Wettstreit der Talente als Verlierer appelliert.
Weder Passanten noch Rad- oder Autofahrer können in den Wochen vor der Wahl diese Plakate übersehen. Wegschauen hilft wenig, denn die visuelle und verbale Berieselung ist beidseitig und in jeder Richtung angebracht. Da hilft kein Sich-ärgern, sondern nur Warten auf den Wahlsonntag. In den Wochen danach werden dann die ernannten und die gefühlten Sieger ihre Plakate noch einmal mit Danke-Bannern versehen, aber dann ist die Sprücheflut überstanden. Erst dann wird auf Plakatwänden wieder für Produkte, Autos und Lifestyle oder Kultur geworben. Und der Blick auf Straßenränder, Kreuzungen, Laternenmaste und Fußgängerzonen ist – hoffentlich – wieder frei.