Trude Simonsohn, Jüdin und Überlebende des Holocausts, berichtete auf Einladung der Initiative Stolpersteine in Karben über ihr Leben. Unter den etwa 100 Zuhörern im evangelischen Gemeindezentrum in Groß-Karben sind auch Stadtverordnetenvor- steherin Ingrid Lenz (CDU) und weitere Stadtverordnete.
Karben. Nach der Begrüßung durch Hartmut Polzer von der Initiative Stolpersteine beginnt Trude Simonsohn zu sprechen. Die zierliche Frau erzählt in chronologischer Reihenfolge von ihrer Jugend in der Tschechoslowakei, ihren Erlebnissen als Jüdin, der Zeit in verschiedenen Konzentrationslagern und der Nachkriegszeit. Sie hat Eltern und viele weitere Verwandte in KZs verloren.
Mit 21 im Gefängnis
Simonsohn wurde 1921 in Olmütz in der Tschechoslowakei geboren. Dort habe sie das Gymnasium besucht, Streiche ausgeheckt und eine glückliche Zeit verlebt. Die ersten Veränderungen hätten mit dem Münchner Abkommen zwischen dem Deutschen Reich, Großbritannien, Frankreich und Italien im September 1938 begonnen.
Danach hätten sie einstige Bekannte von heute auf morgen nicht mehr gegrüßt. Sie sei damals bereits in der zionistischen Jugendbewegung aktiv gewesen, die die Auswanderung der Juden nach Palästina zum Ziel hatte.
Um später dort in einen Kibbuz zu gehen, hätten die jungen Leute die Landwirtschaft erlernen müssen. So sei sie auf einem Gut tätig gewesen, als ihr Vater verhaftet wurde, erzählt Simonsohn. Parallel zu ihren Erlebnissen skizziert sie die politischen Entwicklungen der damaligen Zeit. So habe die Tschechoslowakei ab dem 16. März 1939 zum „Protektorat Böhmen und Mähren“ gehört, „daher hatten dort alle deutschen Judengesetze Gültigkeit“, sagt sie. Während ihre Mutter schon nach Theresienstadt deportiert worden war, kam sie im Alter von 21 Jahren wegen „Hochverrats und illegaler kommunistischer Tätigkeit“ zunächst in ein Gefängnis.
Alle Energie verlassen
Dass sie aufgrund ihrer Tätigkeit für die zionistische Jugendbewegung nicht als Jüdin verhaftet wurde, sondern als politischer Häftling galt, habe ihre Chance, zu überleben, erhöht. Als sie unter verschärften Haftbedingungen in Einzelhaft vom Tod ihres Vaters im KZ Dachau erfuhr, „da hat mich die ganze Energie, die ich noch hatte, verlassen.“
Der Sohn eines tschechischen Maurers, der dort zu tun hatte, habe ihr jeden Tag Mut zugesprochen. „Das war einer von vielen Mosaiksteinchen, die zu meinem Überleben beigetragen haben“, sagt Trude Simonsohn.
Sie berichtet vom Leben im Ghetto Theresienstadt, in dem die Kultur eine wichtige Rolle gespielt und vielen beim Weiter- und Überleben geholfen habe. Dort hat sie auch ihren späteren Ehemann kennengelernt, mit dem sie nach 1945 zunächst nach Prag, dann in die Schweiz, später nach Hamburg und dann nach Frankfurt am Main gezogen ist.
Für ihr großes Engagement als Zeitzeugin – seit dem Jahr 1979 spricht Trude Simonsohn auch in Schulen über ihr Leben und das Überleben in der Zeit des Nationalsozialismus – wurde sie vom Land Hessen bereits mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille ausgezeichnet. Hartmut Polzer kündigt außerdem an, dass zu den 56 Stolpersteinen im Juni vier weitere hinzukommen werden. (kre)