15 Jahre Stadtwerke Nidderau und Abwasser GmbH verdeut- lichen die Erfolgsgeschichte der kommunalen Stadtent- wässerung. Der Betrieb sieht sich für künftige Herausfor- derungen gerüstet. Besucher konnten bei Führungen einen Überblick über Technik und Funktionsweise der Anlage gewinnen.
Nidderau. „Da haben Sie mich jetzt erwischt!“, sagt Abwassermeister Dirk Baumann und lacht. Vor dem Monitor im Hauptgebäude beobachtet er mit einer Gruppe Besucher Glockentierchen. Die Frage wie viel Sauerstoff die einzelligen Tierchen benötigen, kann Baumann nicht exakt beantworten. „Es ist die vierfache Menge, die die abwasserreinigenden Tiere brauchen“, sagt er. Die Glockentierchen ernähren sich hauptsächlich von Bakterien, die sie mit Hilfe eines Wimpernkranzes herbei strudeln lassen. In der Kläranlage sind sie im Belebtschlamm aktiv, wo die biologische Abwasserreinigung stattfindet.
105 Kilometer
Während der Arbeit am Computer hat Wetzold weitere Einzeller wie Amphileptiden entdeckt. „Sie dringen in das Glockentier ein und fressen es auf“, sagt Baumann. Es gehe hier überhaupt nur um Fressen und gefressen werden. Für die Klärung des Abwassers sind die Milliarden Helfer von Mikroorganismen dennoch unentbehrlich. Das sind Fakten, die der Besucher beim Rundgang über die Anlage nicht einmal erahnt. Am Nachklärbecken, unweit des Hauptgebäudes führt Bernhard Lotz, Betriebsleiter der Stadtwerke eine Gruppe über die Anlage. Zuvor gibt er grundlegende Informationen. Der Aufgabenbereich der Stadtwerke umfasst die Stadtentwässerung mit Abwasserreinigung und -ableitung im gesamten Stadtgebiet.
Die Kanalisation beträgt etwa 105 Kilometer. Im Jahr 2000 wurde mit dem Umbau der alten Kläranlage Windecken begonnen. Nach Inbetriebnahme der neuen Kläranlage im Januar 2003 wurde 2006 mit der Regenwasserbehandlung die Baumaßnahme abgeschlossen. 2007 wurde mit dem Generalentwässerungsplan das nächste Jahrzehnt der Abwasserableitung begonnen. Auf demografische und ökologische Veränderungen wird künftig mit dem Bau und der Sanierung der Kanalisation reagiert.
„Zwölf Millionen Euro wurden verbaut“, sagt Lotz. „Sechs Personen arbeiten auf der Kläranlage. Die Betreuung des Kanalnetzes übernehmen wir gemeinsam mit Fremdfirmen“, erklärt er und stoppt an der ersten Station. Hier am Zulaufpumpwerk kommt das Abwasser an. Den Besuchern präsentiert sich modernste Technik, die im 18. Jahrhundert noch undenkbar gewesen wäre, wie ein literarischer Auszug aus dem Roman „Das Parfum“ des Schriftstellers Patrick Süskind belegt. „In den Städten stank es nach Mist, Urin, Rattendreck, in den Zimmern nach Kohl und feuchten Federbetten. Es stanken die Flüsse, Plätze und Kirchen. Es stank der gesamte Adel und die Königin wie eine alte Ziege“, zitiert Lotz.
Neue Technik
Ein Zustand, der bei den heutigen Verordnungen zur Abwasserreinigung und zum Schutz der Umwelt undenkbar wäre. Die Kläranlage Windecken ist bis zum Jahr 2020 auf 27000 Einwohner ausgelegt. Auch neue Anlagenteile wie eine Stufenrechenanlage, ein belüfteter Sand- und Fettfang, ein 220 Kubikmeter großes Vorklärbecken oder eine Analyse- und Fällmittelstation wurden integriert. „Das Rechenhaus ist die höchste Stelle der Anlage, wo das Abwasser hineingepumpt wird“, sagt Lotz. Zwei Millionen Kubikmeter Abwasser würden pro Jahr in der Anlage behandelt. 218 Liter pro Sekunde könne die Anlage verarbeiten. Im Betriebs- und Maschinengebäude ist die Leitwarte, ein Labor, die Betriebswerkstatt und ein Blockheizkraftwerk untergebracht. Das Kombi-Becken wird für Trübwasserspeicherung und Sammlung von Regenwasser sowie als künftiges Störfallbecken genutzt.