Karben. Eine mögliche Quizfrage für den Karbener Stadtteil Burg-Gräfenrode würde in etwa so lauten: Was hat die CDU, was die anderen Parteien nicht haben? Die Antwort: Karlfred Heidelbach. Der hat für seine Partei bei der Kommunalwahl mehr als 80 Prozent der Stimmen geholt.
Die Stimmzettel für die Kommunalwahl 2021 sind nach zwei Tagen und zwei Nächten ausgezählt. Für die betroffenen Stimmzähler glich diese Prozedur einem wirklichen Marathon. Denn am Sonntag wurden nicht nur die Stadt- und Gemeindeparlamente gewählt, sondern gleichzeitig auch über die Zusammensetzung des Kreistages und der jeweiligen Ortsbeiräte abgestimmt.
Letztere haben es immer schwerer, die ihnen nach der Gemeindeordnung zustehende Beachtung zu finden, denn sie haben wenig Macht, dürfen nur Anregungen geben, mitberaten und mitgestalten, sind aber trotzdem die ersten Ansprechpartner für die Bürger im Stadtteil. Trotzdem existieren in vielen hessischen Kommunen bereits keine Ortsbeiräte mehr, nicht zuletzt, weil sich immer weniger Bürger bereit erklären, in diesen Gremien ehrenamtlich mitzuwirken.
In Karben gibt es dieses Problem nicht. Noch gibt es ausreichend Bewerber in den sieben Ortsbeiräten. Und das sind nicht nur »alte Hasen«, also altgediente Parteimitglieder, sondern dieses Mal treten auch viele Junge aus den jeweiligen Parteien an. »Es gibt in der Tat einen Generationswechsel. Zwei unserer neuen CDU-Ortsbeiräte hier in Burg-Gräfenrode sind noch in den 20ern und eine Dame ist um die 35 Jahre alt«, berichtet zufrieden der alte und wahrscheinlich neue Ortsvorsteher in Burg-Gräfenrode, Karlfred Heidelbach (CDU). Der neue Ortsbeirat wird über den Vorsitz zwar erst in seiner konstituierenden Sitzung abstimmen, doch Heidelbach ist bereits seit 2001 Ortsvorsteher in Roggau, wie Burg-Gräfenrode kurz bei den Einheimischen genannt wird. Heidelbach selbst hatte im Ortsbeirat angefangen, als er noch nicht einmal 30 Jahre alt war. Das war in den 70er Jahren, als er von Rendel nach Roggau gezogen war. Nach und nach wurde er danach zum Roggauer Urgestein. Er ist Mitglied, zum Teil sogar Vorsitzender, in allen Roggauer Vereinen und dadurch automatisch Ansprechpartner für die Bürger.
Im Ortsbeirat keine Parteipolitik
»Und zwar für alle Bürger. Im Ortsbeirat kenne ich keine Parteipolitik, sondern nur Sachpolitik. ›Warum gibt es keinen Kinderspielplatz in der Nachbarschaft oder können wir neue Mülleimer für den Grillplatz bekommen?‹ ist keine Frage der Parteipolitik, sondern der Bürgerschaft«, so Heidelbach. Diese Einstellung wird sicher dazu beigetragen haben, dass er und damit die CDU dieses Mal mit 80,21 Prozent der Stimmen – bei der letzten Kommunalwahl im Jahr 2016 waren es bereits 77,5 Prozent – ein Rekordergebnis eingefahren hat. »Ich wüsste nicht, dass in einem Ortsbeirat eine Partei ein derartiges Ergebnis erzielt hat«, ist sich auch der CDU-Stadtverbandschef Mario Beck sicher. Seine oder in diesem Fall besser Heidelbachs Parteifreunde haben mit diesem Wahlergebnis vier der fünf Mandate gewonnen. Den letzten Sitz ergatterte die SPD, die 10,42 Prozent erzielen konnte.
Über 50 Prozent der Stimmen erzielten die Kandidaten der CDU auch in den Ortsbeiräten Klein-Karben (52,06 Prozent), Kloppenheim (52,18 Prozent) und Okarben (55,43 Prozent) und stellen damit jeweils drei der fünf Sitze. In den Ortsbeiräten Groß-Karben und Petterweil verfügen CDU und SPD über jeweils zwei Sitze, sodass bei der Wahl dann der Ortsbeirat der Grünen den Ausschlag geben wird. In Petterweil war es bei der letzten Kommunalwahl im Jahr 2016 fast zu einem Eklat gekommen, weil die SPD, die damals rund zehn Prozent weniger Stimmen eingefahren hatte, mithilfe der Grünen erneut den Ortsvorsteher stellen konnte. Dieses Mal hat die SPD einen knappen Vorsprung von 0,5 Prozent und wird damit wohl wieder den Ortsvorsteher stellen.
Ganz anders in Rendel. Hier hat die CDU mit 46,10 Prozent zwar die meisten Stimmen und damit zwei Mandate gewinnen können, jedoch teilen sich SPD, Grüne und FW die anderen drei Sitze. Das Zünglein an der Waage dürften die FW Karben sein, die im Vorfeld der CDU ihre Mitarbeit angeboten haben. Laura Macho hat in Rendel die drittmeisten Stimmen hinter zwei CDU-Kandidaten erhalten. Von Jürgen W. Niehoff