Karben. Endlich ist es geschafft! Ermattetes Gemurmel der Stadtverordneten nach dreistündiger Marathonsitzung im Stadtparlament. Die drei Stunden waren gespickt von gegenseitigen Vorwürfen. Mit den Stimmen der Koalition und denen der SPD, allerdings gegen die der Grünen, beschloss das Stadtparlament am Freitagabend den Haushalt für das laufende Jahr und das Haushaltskonsolidierungskonzept.
Dass Karben so lange auf einen Haushalt warten musste, lag an einer von Bürgermeister Roland Schulz (SPD) geplanten viel zu hohen Neuverschuldung: Sein Etat-Entwurf vom Dezember sah 9,6 Millionen Euro neue Schulden vor. Doch Hessens Innenminister hatte schon frühzeitig darauf hingewiesen, dass derartige Neuverschuldungen nicht länger toleriert würden.
Deshalb begannen die Parlamentsfraktionen, Schulz’ Entwurf zu überarbeiten. Erst getrennt nach Fraktionen oder Bündnissen, später dann in einer gemeinsamen Gesprächsrunde, in der dann auch die ersten Durchbrüche über Parteigrenzen hinweg erfolgten.
So wurde schließlich beschlossen, den Ausgabenanstieg gegenüber dem Vorjahr lediglich um ein Prozent auf nunmehr 36,4 Millionen Euro zu beschränken. Der Haushaltsentwurf des Bürgermeisters belief sich dagegen noch auf annähernd 41 Millionen Euro. Während nun die SPD der Koalition „große Angsthasen-Mentalität“ und „uneffektive Euro-Münzen-Umdreherei“ – SPD-Fraktionschef Thomas Görlich – vorwarf, die der Stadt eher geschadet denn genützt hätten, stand für die Koalition von Anfang an fest: keine neue Schulden.
Unterschiedlich war auch die Art, wie die Stadt in gewissem Rahmen ihren Handlungsspielraum erhalten könne. SPD und Grüne setzten dabei auf Steuererhöhung bei Grund- und Gewerbesteuern. Dies sei schließlich vom Landesrechnungshof und vom Landrat so empfohlen worden. Halt!, sagte da die Koalition: Karben habe kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem. Bei den jetzigen guten Konjunkturdaten und den in letzter Zeit wieder sprudelnden Steuereinnahmen sei es kontraproduktiv, die Steuern zu erhöhen. Damit würden Gewerbetreibende nur vergrault werden, sagte CDU-Fraktionschef Mario Beck.
„Sie von der Koalition betreiben eine durch und durch unseriöse Haushaltspolitik und steuern auf die baldige Zahlungsunfähigkeit der Stadt zu,“ erregte sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ingeborg Rippen. Es sei deshalb nur noch eine Frage der Zeit, wann der erste Nachtragshaushalt für dieses Jahr fällig würde.
Bürgermeister Schulz warf der Koalition aus CDU, FWG und FDP „viel Getrickse, viel heiße Luft und im Übrigen wenig Substantielles“ vor. Auf der Einnahmeseite werde nur auf das Prinzip Hoffnung gesetzt. Für ihn hätten die Haushaltsberatungen gezeigt, dass unter der alten rot-grünen Koalition die Stadt menschlicher und lebenswerter geblieben wäre.
Die Koalition ließen diese Angriffe kalt. Wenn es nach dem Bürgermeister gegangen wäre, wären nicht nur die Steuern angehoben worden, sondern sogar die Leistungen pauschal um 30 Prozent gekürzt und die Musikschule bis 2011 geschlossen worden, lautete ihre Antwort. Das größte Koalitionsziel bleibe deshalb der Abbau der städtischen Schulden in Höhe von etwa 60 Mio. Euro und die Vorlage eines ausgeglichenen Haushaltes bis spätestens 2011. (jwn)