In seinem in englischer Sprache verfassten Buch „Political Reputation Management: The Strategy Myth“ wählt Dr. Christian Schnee (42) aus Bad Vilbel, Senior-Lektor für Public Relation (PR) an der Universität von Greenwich in London, repräsentative Bezugspersonen, unter anderem so bekannte Figuren des englischen politischen Lebens wie William Hague, Ian Duncan-Smith, Michael Howard, David Cameron, Tony Blair und Gordon Brown, um der strategischen Kommunikation in politischen Zusammenhängen auf den Grund zu gehen.
Bad Vilbel. Es wird allgemein angenommen, dass ein politisches Umfeld des öffentlichen Misstrauens und kritische Medien politische Kräfte und Parteien veranlassen, ihre Kommunikation und Reputation strategisch zielgerichteter zu managen. Aber ist das auch wirklich wahr? Kontrolle der Kommunikation in unserer schnellen Zeit ist so gut wie unmöglich, da sich doch unentwegt Ereignisse und Probleme, Bilder und Diskurse überlagern und sich dadurch weitgehend der politischen und medialen Kontrolle entziehen. Dr. Christian Schnee entwirft auf 205 Seiten ein aufschlussreiches Bild, das zeigt, wie politischer Ruf aufgebaut und verwaltet wird, aber auch welche Divergenzen zwischen strategisch geplantem Kommunikationsmanagement und der praktischen Ausführung auftreten können.
Als Pressesprecher der hessischen CDU habe er gesehen, wie wenig die öffentliche Unterstützung für einen Politiker von dessen politischer und administrativer Leistung abhängt. Ministerpräsident Roland Koch steckte seinerzeit mitten in einer Krise um angebliche schwarze Wahlkampfkassen seiner Partei. Erst rief die Presse nach seinem Rücktritt. Einige Monate später – an den Vorwürfen hatte sich nichts geändert – handelten Journalisten ihn als künftigen Kanzlerkandidaten und parteiinternen Herausforderer Angela Merkels. „Grund für den Meinungswandel war eine einfache Einschätzung: Wenn einer den Sturm des Skandals aushält und politisch überlebt, taugt er zu Größerem“, resümiert Dr. Christian Schnee kürzlich bei einem Besuch in der Redaktion.
Die Wahrnehmung von Politikern und deren Auswirkungen auf eine politische Karriere haben ihn seit jeher fasziniert, auch später als Regierungssprecher des Ersten Bürgermeisters von Hamburg. „Von Nahem ist Ole von Beust ein eher introvertierter, fast spröder, oft launischer und für Mitarbeiter nicht einfacher Mensch. In der öffentlichen Wahrnehmung hingegen galt der Mann, den viele Wähler nur ,Ole’ nannten, als offen, herzlich, jovial und volksnah. Ohne diese Reputation hätte er für die CDU in Hamburg keine absolute Mehrheit gewonnen“, ist sich Schnee sicher.
Er habe sich die Frage gestellt, welche Mittel der Kommunikation unser Bild von Kandidaten und Amtsinhabern prägen und wie sich Reputation planen, aufbauen und verändern lässt. In mehr als 20 Interviews habe er die Frage den Pressesprechern und Beratern von Ministern und Regierungschefs gestellt. „Ich wollte wissen, ob es eine Strategie gibt und einen Plan zur Entwicklung von persönlicher Reputation. Mich interessierte, wie Kommunikationsfachleute in der Öffentlichkeit ein Bild des Politikers künstlich kreieren in der Hoffnung, damit Wahlen zu gewinnen.“ Was er dabei erfahren habe über die Methoden der politischen PR-Fachleute, habe er in diesem Buch aufgeschrieben. Sein Fazit: „Die wichtigste Botschaft ist wahrscheinlich, dass die Sorge um das Image eine Obsession geworden ist für alle, die sich für ein hohes politisches Amt bewerben. Doch trotz der Mühen der Berater lässt sich aus einem überforderten und ungeeigneten Kandidaten sicher kein erfolgreicher Regierungschef machen – da hilft auch die beste PR- und Werbebotschaft nicht.“