Im Laden der Bad Vilbeler Tafel in der Ritterstraße kaufen derzeit etwas mehr als 80 Abholer Lebensmittel für rund 160 Menschen ein. Es sind Bürger, die aus unterschiedlichen Gründen in eine finanzielle Notlage geraten sind.
Bad Vilbel. Die Tafel gibt an alle Bürger Lebensmittel zum symbolischen Preis von einem Euro aus. Jeder mit geringem Einkommen ist berechtigt. Dazu gehören Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Rentner, Alleinerziehende, Familien.
Träger der Tafel ist nicht die Stadt, sondern der Nachbarschaftshilfeverein. Der prüft aufgrund von Einkommensnachweisen, ob eine Bedürftigkeit vorliegt und stellt dementsprechend dann Bescheinigungen aus, die zum Kauf im Tafelladen berechtigen.
Am Anfang peinlich
„Bei ihnen handelt es sich nicht um Almosenempfänger“, betont Tafelleiterin Christa Gobst, „wir sehen sie als Kunden an.“ Das Tafelteam von 56 ehrenamtlichen Helfern übernimmt das Abholen, Sortieren und die Ausgabe der Waren.
In einem Brief bedankt sich eine der Tafelkundinnen mit einem Zitat des Lyrikers Richard Dehmel: „Ein bisschen Güte von Mensch zu Mensch ist besser als alle Liebe zur Menschheit.“ Sie verdeutlicht damit, wie wichtig ihr und anderen Menschen die Einkaufsmöglichkeit bei der Tafel ist. „Es fiel mir am Anfang nicht leicht, in den Tafelladen zu gehen. Es war mir recht peinlich, und ich habe mich geschämt“, schildert die Frau weiter. „Heute bin ich froh über das Tafelangebot. Es hilft mir sehr weiter.“
Die Seniorin betont auch, dass sie gerne kommt, weil das Team neben den wertvollen Lebensmitteln auch immer ein gutes Wort für sie habe. „Diese Arbeit der Nachbarschaftshilfe darf man nicht als selbstverständlich ansehen. Ohne sie gäbe es nicht die Bad Vilbeler Tafel. Ich danke allen von ganzem Herzen“, macht die Seniorin in dem Dankesbrief keinen Hehl, welche Bedeutung sie der Tafel beimisst.
Zu den Abholern gehört seit Mai 2012 auch eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern. „Das Angebot im Tafelladen ist klasse, reichhaltig und immer frisch.“ Es gebe immer freundliche Mitarbeiter, die für eine gute Einkaufsatmosphäre sorgten. „Ohne die Tafel könnte ich meine Kinder nicht gesund ernähren. Ich muss beim Einkauf nicht mehr nur an den Preis denken. Ich kann auch gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse kaufen und nicht nur Nudeln.“
Sie kaufe neben den genannten Produkten auch Brot, Milch, Süßigkeiten und Joghurt für ihre Kinder ein. „Dank der Tafel ist bei uns der Kühlschrank immer voll.“ Und die Mittvierzigerin kann sich sogar kaum erschwinglichen Luxus wie ab und zu einen Zoobesuch oder Kleidungsstücke für ihren schnell wachsenden Nachwuchs kaufen. „Diese Unterstützung durch die Tafel ist für mich sehr wichtig. Sie spendet mir Kraft und Energie. Sie gibt mir Hoffnung, wieder aus meiner Notlage herauszukommen.“
28 Lieferanten
Ebenfalls seit zwei Jahren gehört eine Mutter mit zwei Kindern zu den Abholern. „Ich bin durch die Trennung von meinem Mann zur Tafelkundin geworden. Ich kaufe hier alle Lebensmittel ein. Es ist hier immer gesellig“, berichtet die Enddreißigerin. Auf ihrem Einkaufszettel stehen Geflügel, Kaffee, Kakao, Obst, Gemüse, Pudding. „Über Produkte wie Kaffee und Brot freue ich mich jedes Mal besonders. Mir hilft die Tafel sehr.“
Tafelleiterin Christa Gobst dankt den drei Abholerinnen für ihren Mut, mit der Presse zu sprechen. Derzeit beliefern 28 Lieferanten von großen Supermärkten über Bäckereien bis zu Bauernhöfen den Tafelladen mit frischen Produkten. „Was uns immer fehlt, sind haltbare Lebensmittel.“ Deshalb bitten die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer bei regelmäßigen Aktionen Kunden vor Geschäften mit dem Slogan „Ein Teil mehr für die Bad Vilbeler Tafel“, um haltbare Lebensmittel wie Konserven, Nudeln, Reis, Zucker, Mehl, Öl, Marmelade, H-Milch, Kaffee und Tee. Diese werden in rationierten Mengen mitgegeben.
In Ausnahmefällen bringen die Tafelhelfer Schwerstkranken ihre Lebensmittel nach Hause. (fau)
Tafelladen Bad Vilbel, Ritterstraße 34, geöffnet mittwochs 9 bis 12 Uhr, Tel. (06101) 8027272; Informationen und Anmeldung für Neukunden mittwochs direkt im Tafelladen.