Karben. Betteln für eines der wenigen Kulturangebote in Karben. Jutta Tempelmann von der Kulturinitiative Karben (Kik) ist sich dafür nicht zu schade. Sie ließ in der Kulturscheune den Klingelbeutel rumgehen. Die Situation für das Fortbestehen der Kik sei ernst, denn noch gebe es von Seiten der Stadt keine finanzielle Zusage. Gut ein Drittel der Kosten habe bisher die Stadt übernommen, so Elfie Stenger von der Kik. Die restlichen Gelder könne die Kik selbst aufbringen, durch Kartenverkauf und Sponsoren. Allerdings – ohne das Geld der Stadt kann die Kik nicht planen, keine Verträge mit den Künstlern abschließen. Nach 17 Jahren ehrenamtlichen Engagements droht das Aus.
Finanzielle Unsicherheiten – Kabarettist Mathias Tretter kennt diese Situation aus eigenen Erfahrungen. Für das nächste halbe Jahr sei sein Einkommen gesichert, er habe ein Engagement vom Goethe-Institut und gehe auf Tournee durch Afrika, erzählt er. Ansonsten sei die junge Generation schon daran gewöhnt, nicht mehr eine Lebensstellung inne zu haben, sondern mit Lebensabschnittskarrieren zurechtkommen zu müssen.
Der Würzburger Tretter gastierte mit seinem neuen Programm „Deutschland – ein Gummibärchen“ in der Kulturscheune, versprach und bot politisches Kabarett. Dabei entlarvte er die manchmal so harmlos wie ein Gummibärchen daherkommende Politik als hochgradig gefährlich, dass einem Angst und Bange sein müsse. Etwa wenn Innenminister Schäuble aus Sicherheitsgründen auf den Plan tritt, den biometrischen Pass einführen, Computer überwachen und Flugzeuge abschießen lassen will. Tretter findet, dass die überall um sich greifende Sicherheitshysterie mehr Schaden anrichte, als es die paar Islamisten je gekonnt hätten.
Die Terrorgefahr und der Sicherheitswahn ziehen sich wie ein roter Faden durchs Programm. Doch immer wieder schweift Tretter ab und staunt über die Metamorphosen von Angela Merkel, bedauert Stoibers Abschied und fürchtet sich, wenn er hört, dass mit Kurt „Speck“ wieder ein dicker Pfälzer Kanzler werden will.
Tretter brilliert als Klaus Kinski und Marcel Reich-Ranicki. Harmlos beginnende Beobachtungen von Zeitgenossen wendet er mal ins Absurde, mal ins Apokalyptische. Treter wundert sich über Hessens Innenminister Bouffier, dem „alten Hugenotten-Zausel“, der mit Fragebögen Ausländern auf den Zahn fühlt, und entwirft eine Zukunft mit Senioren-WG und Krückstock schwingenden Alt-Krawallmachern. Das Publikum ist begeistert. (cwi)