Karben. Eigentlich hätte es bei der Jahreshauptversammlung der Karbener SPD der Tag der neu gewählten SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Christel Zobeley sein sollen, doch die bevorstehende Bürgermeisterwahl und auch die Bundestagswahlen im September schienen den Genossen wichtiger zu sein. Kämpferisch zeigten sich dabei vor allem der wegen seiner Bürgermeisterkandidatur als SPD-Vorsitzender zurückgetretene Jochen Schmitt und Fraktionschef Thomas Görlich.
Sowohl Schmitt als auch Görlich warfen der Koalition in der Stadtverordnetenversammlung vor, mit „ihrer Verhinderungspolitik die Entwicklung der Stadt zu verzögern“. Seit die Koalition mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit die Politik in Karben bestimme, werde nur noch über die Vergangenheit nachgedacht und die Gegenwart verwaltet. „Seither leidet die Stadt unter dem von dem Dreier-Bündnis zu verantwortenden Chaos“, machte Schmitt der Koalition wegen ihrer vermeintlichen Handlungsunfähigkeit zum Vorwurf.
Von einem ideenreichen Gestalten für die Zukunft könne im Hinblick auf die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Parlament jedenfalls zurzeit keine Rede sein. Die Koalition vertraue ganz auf die Führungskraft des FWG-Fraktionsvorsitzenden Michael Ottens und merke gar nicht, dass statt neuer Vorschläge immer wieder dasselbe Rad gedreht werde: pauschale Kürzungen, überhöhte Einnahmen-Ansätze und immer wieder dieselben Schuldzuweisungen in Richtung Magistrat und SPD, warf Schmitt vor.
Obwohl die Koalition mit ihrer Mehrheit seit drei Jahren die Geschicke der Stadt bestimme, fehlten weiterhin kreative Ansätze zur Sanierung des Schwimmbades, zur Verkehrsüberwachung oder zur Zukunft des Waldstückes „Enzheimer Kopf“. Ungelöste Probleme gebe es auch bei der Weiterentwicklung des Stadtzentrums oder dem fehlenden Konzept für die Nahversorgung. Angesprochen wurde auch das Angebot von Schmitt, auf einen Ersten und weiteren Stadtrat zukünftig zu verzichten.
„Ich komme als Bürgermeister auch ohne einen hauptamtlichen Stadtrat aus, wenn die Verwaltung entsprechend aufgestellt wird“, betonte Schmitt: „Klar ist aber auch, wer die CDU und damit Guido Rahn zum Bürgermeister wählt, der bekommt Michael Ottens als Ersten Stadtrat“, machte Schmitt deutlich. Welche Folgen das für die Stadt haben könnte, darüber sprach Görlich. Er verlas eine E-Mail des FWG-Fraktionsvorsitzenden Ottens an seine „Koalitionäre“, die versehentlich auch Görlich erhielt (sie liegt der FNP in Kopie vor). Darin fragte Ottens seine Koalitionsfreunde, wie in Sache „Esche in Rendel“ weiterhin zu verfahren sei. Soll der Klageweg gegen Bürgermeister Schulz in dieser Angelegenheit beschritten werden, oder soll man die Monatsfrist tatenlos verstreichen lassen, was nach Ansicht Ottens allerdings politisch nicht sehr gut aussehe. Bei einer Klage könne man den Friedberger Anwalt nehmen. Das bezahle dann im Übrigen die Stadt. „So sieht also die Sparpolitik eines Herrn Ottens in Wirklichkeit aus. Bei sozialen Dingen streichen, um bei überflüssigen Rechtstreitigkeiten Steuergelder zu verschwenden“, zog Görlich seine Bilanz. Ihn ärgere auch, dass die Koalition angeblich 90 Anträge in Sachen Haushaltskonsolidierung für sich geltend mache, dabei habe man nur 90 Haushaltsposten pauschal gekürzt.
Die einzig kritischen Worte zur eigenen Partei kamen an diesem Tag nur vom SPD-Mitglied Hermann Reuter, der den Umgang mit den vier eigenen Landtagsabgeordneten um Jürgen Walter monierte, die ihre Parteivorsitzende Ende vergangenen Jahres nicht zur hessischen Ministerpräsidentin gewählt hatten. Das hätte man intern und nicht öffentlich mit Ausschlussandrohungen regeln sollen. Diese Worte richteten sich aber eher an die Wetterauer SPD-Unterbezirksvorsitzende Nina Hauer, die ebenfalls anwesend war und in ihrer Rede die Verdienste der SPD auf Bundesebene herausstrich.
Neue Vorsitzende mit 82,8 Prozent wurde die bisherige Stellvertreterin, Christel Zobeley aus Groß-Karben. Zu ihren Stellvertretern wurden Thomas Görlich mit 96,5 Prozent, Helge Gottschalk und Milos Dotlic mit je 93,1 Prozent Ja-Stimmen gewählt. Zum neuen Schriftführer wurde Ralf Schreier ernannt. Und Klaus Begemann, Gudrun Hamacher, Uwe Lenga, Virginie Müller und Elke Wojnar sind die neuen Beisitzer.