Bad Vilbel/Karben. Dass Genialität Leidenschaft voraussetzt, diese viel zitierte Erkenntnis spiegelt den Eindruck wider, den das Publikum von der Premiere des Konzertes der Jungen Kammerphilharmonie Hessen im Kulturforum Dortelweil und einer weiteren Aufführung am Wochenende in der St. Bardo-Kirche in Petterweil mit nach Hause nahm.
Über zwei Stunden lang hatten die 25 ambitionierten Musiker und die verheißungsvoll aufspielende Solistin Luise Buchberger unter Leitung des temperamentvollen Dirigenten Stefan Susana den Ton beim gebannt lauschenden Publikum angegeben. Den Auftakt machte das JKH mit der „Streichersinfonie Nummer 9“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Die Sinfonie besticht durch die seltene Form des fünfstimmigen Satzes mit zwei Violastimmen und klanglichen Kontrastwirkungen im dritten Satz „Andante“.
Die drei Sätze des „Konzerts in C-Dur für Violoncello und Orchester“ von Joseph Haydn boten der jungen Cellistin Luise Buchberger, die am Mozarteum in Salzburg studiert, eine ideale Gelegenheit, sich mit ihrem Können in Szene zu setzen. Bei diesem Konzert erklangen zu den Streichinstrumenten und Oboen nun auch Hörner, die dem Orchesterklang ein ganz anderes Timbre verliehen. Die Solistin fügte sich hervorragend in diese neue Klangkonstellation ein, unprätentiös und ausgesprochen klangschön.
Luise Buchberger, die sich bereits als Schülerin bei unterschiedlichen Wettbewerben als hoch talentierte Cellistin empfohlen hat, besitzt jene Ausstrahlung, die man für eine Solistenkarriere braucht. Immer dicht mit dem Ohr am Instrument und zugleich mithörend, was das begleitende Orchester unter der Leitung Stefan Susanas spielte, fügte sie sich konzentriert in den musikalischen Ablauf ein. Es war faszinierend zu hören, wie sie die leisen Abschnitte im langsamen Satz „Moderato“ gestaltete und mit den von Haydn vorgegebenen Ausdrucksmöglichkeiten des Cellos feinfühlig experimentierte. Den rezitativisch erzählenden Charakter des Soloparts im „Adagio“ versah sie bravourös und makellos. Den reizvollen, durch das Seitenthema in Moll aufgebauten Spannungsbogen, des schnellen, virtuosen Finales transportierte sie gleichsam in ihre Begleitung hinein. Luise Buchberger artikulierte die von Haydn komponierten Töne äußerst klar und schattierte sie dabei wohldosiert ab. Ihre Spielweise war geradezu kernig und selbstbewusst. Bei ihrem Heimspiel in Bad Vilbel übertraf sie alle Erwartungen ihrer Fans.
Das Orchester begleitete die Solistin spannungsvoll und zurückhaltend, ohne dabei die Strukturen zu vernachlässigen. Die stürmisch geforderte Zugabe wurde von der strahlenden Solistin und den von soviel Zuspruch erfreuten Musikern gern gegeben.
Mit dem 1939 komponierten „Divertimento für Streicher“ von Bela Bartók, einem der bedeutendsten Komponisten der klassischen Moderne, klang das zweite Projekt des im November 2004 gegründeten JKH aus. Das italienische Wort „Divertimento“ bedeutet „Unterhaltung, Zerstreuung“. Diese gelang der JKH im voll besetzten Kulturforum gut. Beim „Divertimento“ von Bartók zeichneten sich die engagiert spielenden Musiker durch einen homogenen Gesamtklang bei gleichzeitig überragenden Einzelleistungen der Ensemblemitglieder aus.
Den anhaltenden Schlussapplaus hatten sich die Mitwirkenden redlich verdient. Unter ihnen waren mit den Cellistinnen Luise Buchberger und Valeska Schulz, Geiger Gabriel Heun und Hornist David Heun gleich vier ehemalige Schüler des Georg-Büchner-Gymnasiums, wie Hans Tuengerthal in der Pause stolz verkündete.