Bad Vilbel/Karben. Seit 30 Jahren gibt es die Suchthilfe und Suchtprävention in Karben und Bad Vilbel. Von Anfang an dabei ist Diplom-Pädagoge Lutz Illhardt. Er erinnert sich nicht nur an die Anfänge und großen Probleme, sondern auch daran, wie sich der Umgang mit Sucht, aber auch mit Drogen über die Jahre verändert hat.
»Das Thema Drogenprävention im ländlichen Raum kam damals gerade auf«, berichtet Lutz Illhardt. Das sei aber auch kein Wunder gewesen. Mit Gedanken an die 90er Jahre sagt Illhardt: »Das war eine schlimme Zeit.« Viele Drogentote, Spritzen auf Kinderspielplätzen, hohe Beschaffungskriminalität. »Eltern haben sich Sorgen gemacht. In Bad Vilbel hat Bürgermeister Günther Biwer zu einem Runden Tisch geladen.« Allen sei klar gewesen, das was passieren müsse.
Gemeinsam mit der Stadt Karben sei das Projekt dann in Angriff genommen worden. »Bürgermeister Detlev Engel war sofort mit dabei«, erinnert sich Illhardt. Für die Beratungsstelle wurden anschließend Räumlichkeiten gesucht und auch gefunden. »Optimal war das allerdings nicht immer«, gibt Illhardt zu. In Karben kam die Beratung in Kloppenheim in der Bahnhofstraße unter und in Bad Vilbel in der Frankfurter Straße 75 im ehemaligen Schwesternheim. Das Problem: In Bad Vilbel waren zu dieser Zeit viele Flüchtlinge aus dem zerbrechenden Jugoslawien angekommen. »Die Menschen wurden neben der Suchtberatungsstelle untergebracht. Teilweise mit fünf Personen in einem Zimmer.« Illhardt erinnert sich: »Das ist natürlich für eine Beratungsstelle, bei der es auch im große Vertraulichkeit geht, nicht optimal.«
Alkopops und
Modedrogen
Aller Anfang ist schwer. Das weiß auch Illhardt. Deshalb heißt es zu Beginn für ihn: Werbung machen und Aufmerksamkeit generieren. »Natürlich dauert es etwas, so ein Angebot zu etablieren.« Als damalige Leitdroge in den Medien ist vor allem Heroin ein zentrales Thema. »Die Familien haben sehr unter der Abhängigkeit ihrer Angehörigen gelitten. Deshalb haben wir 1993 eine Angehörigengruppe eröffnet. Wichtig ist, dass auch sie Unterstützung bekommen.« Und nur durch Unterstützung seien auch in all den Jahren viele Aktionen möglich gewesen. Illhardt nennt einige Beispiele wie den mit Preisen ausgezeichneten »Karbener Lauf gegen Sucht«, Präventionstage in Schulen wie beispielsweise »cool sein – cool bleiben« und auch Gänge über den Bad Vilbeler Markt. »Alles wichtige und gelungene Aktionen.«
In den 30 Jahren hat sich auch das Verhältnis zu Drogen und Sucht geändert. Erst zieht sich die Heroinszene nach Frankfurt zurück, dann kommen Alkohol, Cannabis und Designerdrogen auf. Es folgen sogenannte Alkopops, aber auch Internet und Handy werden zur Sucht. Plötzlich spielen Videospiele eine Rolle. »Das war damals natürlich nicht absehbar«, sagt Illhardt. Dennoch hätten diese Abhängigkeiten ihre Gemeinsamkeiten. »Es ist eine Flucht aus der Realität. Eine Flucht vor mir selbst.«
In den vergangenen 30 Jahren wurden mehr als 4 500 Klienten beraten. Durchschnittlich waren es 157. Höchste Anzahl in einem Jahr waren 198. »Ich weiß gar nicht, wie wir das hinbekommen haben«, sagt Illhardt und lacht. Sorge bereitet dem Diplom-Pädagogen, wie offen mittlerweile mit Sucht und Drogen umgegangen wird. »Die Gesellschaft ist suchttoleranter geworden.« Profi-Sportler werben für sogenannten »Snus« – eine Form von Oraltabak. Es wird offen für die Legalisierung von Cannabis gesprochen. »Ich bin kein Freund davon.«
Der Diplom-Pädagoge ist montags, mittwochs und donnerstags in Bad Vilbel, dienstags und freitags in Karben (siehe Infokasten). Illhardt hofft, dass es mit der Beratung weiter geht. »Es ist wichtig, ein offenes Ohr für die Abhängigen und ihre Angehörigen zu haben.«
Von Patrick Eickhoff
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