Gibt es Schlimmeres, als im Alter zu vereinsamen? Eine Gruppe Über-Fünfzigjähriger stemmt sich dem entgegen: Sie will in einem Wohnprojekt zusammenziehen.
Karben. In der Groß-Karbener Gaststätte „Bei Anna“ sitzen Inge Beck (63) und ihr Mann Heinrich (69) mit dem engen Kern des Vereins „Wohnen im Alter“ zusammen. Sie beratschlagen, wie es weitergeht mit ihrem Projekt. 24 der knapp über 30 Vereinsmitglieder wollen demnächst zusammenziehen in eine Wohngemeinschaft. Hier sind alle über fünfzig.
Die Becks wohnen bislang in einem der vielen Reihenhäuschen im Wohngebiet Hessenring. 140 Quadratmeter Eigenheim auf drei Stockwerken sind dort der Standard. Genau das hat die Becks schon öfter zweifeln lassen. „Es ist doch wichtig, an die Zukunft zu denken.“ Wie lange können die beiden noch im Häuschen wohnen?
„Das ist nicht mehr nutzbar, wenn man keine Treppen mehr steigen kann“, sagt Groß-Karbens Ortsvorsteher Hans-Jürgen Kuhl (70, SPD), der in der Nachbarschaft wohnt. Derlei Altersbeschwerden drohten immer mehr Menschen, schließlich altert auch Karbens Stadtgesellschaft. „Das realisieren alle, ober niemand tut etwas“, sagt Vereinschefin Renate Breiter (72). Nicht nur: Immer mehr Menschen altern alleine.
Davon aufgeschreckt, hatte eine Handvoll Mitstreiter vor zwei Jahren den Verein „Wohnen im Alter“ gegründet. Das Ziel: Menschen über 50 sollen zusammenwohnen, erklärt Renate Breiter. „Jeder in seiner eigenen Wohnung, aber alle unter einem Dach, damit sich alle gegenseitig helfen und gemeinsam die Freizeit gestalten können.“
Auflagen bremsen
Derlei Projekte sind nicht neu, doch in der Wetterau ist keines so weit vorangekommen wie das in Karben: Im Sommer soll Baubeginn für das Haus mit rund 20 Wohnungen sein. Die Stadt stellt dem Verein für fast 700 000 Euro ein 2300 Quadratmeter großes Grundstück an der Ecke Ramonville- und Luisenthaler Straße zur Verfügung. „Das ist ideal für uns, fast alle wichtigen Einrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten sind zu Fuß erreichbar“, sagt Renate Breiter.
Beim Preis, lobt Hans-Jürgen Kuhl, verzichte die Stadt auf einen womöglich höheren Ertrag. Doch die Genehmigung zu erhalten sei schwieriger als erhofft, erläutert Kuhl: Wegen Widersprüchen der Umweltschutzverbände BUND und Naturschutzbund muss das Verfahren eine Ehrenrunde drehen, weil im Buschwerk womöglich Tiere leben. „Wir sind ja auch an der Natur interessiert“, hat Kuhl dafür Verständnis. Das aber verzögert den Baustart. (den)