Das Stadtparlament hat nahezu einmütig die so genannten wiederkehrenden Straßenbeiträge eingeführt – obwohl kein einziger Politiker sie will. Für die Grundstückseigner soll es deshalb auch eine merkliche finanzielle Entlastung geben.
Karben. Politik paradox im Karbener Stadtparlament: Das gesamte hohe Haus sträubte sich gegen eine neue Abgabe – und führte diese dennoch ein. Straßenbeiträge müssen Grundstückseigner ab dem neuen Jahr jährlich zahlen. Die entsprechende Satzung tritt zum 1. Januar 2018 in Kraft.
Je Grundstück wird die Kommune etwa 50 bis 150 Euro im Jahr erheben für die Sanierung von Straßen. Mehr noch: „Wir reduzieren das Risiko für die Anlieger, dass sie bei Sanierungen extrem hohe Rechnungen erhalten“, erklärte Bürgermeister Guido Rahn (CDU).
„Eigentlich brauchten wir diese Mehreinnahmen nicht“, räumte CDU-Fraktionschef Mario Beck in der Stadtparlamentssitzung ein. Die Beiträge würden ausschließlich eingeführt, um rechtliche Vorgaben zu erfüllen. Denn aktuell ist eine Klage des Landrats gegen die Stadt beim Kasseler Verwaltungsgerichtshof anhängig. Joachim Arnold (SPD) will in seiner Funktion als Kommunalaufseher durchdrücken, dass Karben die Beiträge von den Grundstückseignern kassiert. Begründung: Die Stadt müsse jede denkbare Einnahmemöglichkeit ausschöpfen.
Die Karbener stemmen sich dagegen, weil genug Geld im Haushalt sei – allein dieses Jahr erwirtschaftet die Kommune ein Rekord-Plus von einer Million Euro. Daher hatten die Karbener die Straßenbeiträge auch abgeschafft. Der Landrat aber setzte sie wieder in Kraft.
Damit müsse die Stadt, rein rechtlich gesehen, die Beiträge derzeit kassieren, erklärte der Bürgermeister. Denn es gebe ein Rest-Risiko: Verliere die Stadt den Prozess, müsse das Rathaus horrende Forderungen an die Anlieger jener Straßen verschicken, die in der Zwischenzeit saniert wurden.
Auf alle verteilt
Dazu gehören beispielsweise die Heldenberger Straße in Groß-Karben, im nächsten Jahr voraussichtlich auch die Rendeler und Homburger Straße in Klein-Karben. „Keiner versteht, dass wir Beiträge erheben, die wir nicht brauchen“, sagte Guido Rahn. Doch interessiere das weder den Landrat noch die Gerichte. „Und wir wollen sicher nicht in die Falle tappen.“
Statt der einmaligen Beiträge, die Anlieger für eine Straßensanierung direkt vor ihrer Haustür zahlen müssen, sollen die wiederkehrenden Beiträge auf alle Grundstückseigner umgelegt werden. Wiederkehrend bedeutet, dass die Beiträge jährlich kassiert werden. Dabei werden die Kosten aller Straßensanierungen in einem Fünf-Jahres-Zeitraum zusammengefasst, die Summe dann durch fünf geteilt und auf alle Anlieger in einem bestimmten Gebiet aufgeteilt. Einen festen Anteil der Grundkosten übernimmt dabei die Stadt.
„Wir brauchen das grundsätzlich nicht“, räumte auch SPD-Fraktionschef Thomas Görlich ein. „Aber wir haben keine Wahlmöglichkeit.“ Das sei „eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera“, giftete FDP-Stadtverordneter Oliver Feyl.
Da die Stadt die Einnahmen ja gar nicht brauche, sollen die Bürger wenigstens unter dem Strich nicht mehr bezahlen, fand CDU-Mann Beck. Deshalb ließen die Christdemokraten einen Begleitbeschluss anfügen, wonach die Grundsteuer im gleichen Maße sinken soll, wie die neuen Beiträge die Abgabenzahler belasten. „Es für die Bürger kostenneutral zu machen, ist gut“, stimmte Grünen-Fraktionschef Rainer Knak zu. Er wie auch Görlich lobten das Umstellen von den einmaligen auf die wiederkehrenden Beiträge. Allein FDP-Feyl zweifelte: „Ich habe nicht die Hoffnung, dass der Landrat die Grundsteuersenkung goutieren wird.“
Auch die Freien Wähler waren nicht überzeugt. „Wir brauchen die Straßenbeiträge nicht“, sagte Fraktionschef Thorsten Schwellnus. Sie stimmten als einzige dagegen, Grüne und FDP enthielten sich. Selbst Linken-Stadtverordneter Uwe Maag lobte den Bürgermeister für dieses Vorgehen, „damit nicht eine Oma in ihrem Häuschen ihr letztes Erspartes hergeben muss“. (den)