Bad Vilbel. Der Zufall war (ungewollt) im Spiel: Die Genossenschaft Bauen und Wohnen (GBW) Bad Vilbel startete am 120. Todestag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen ihre Jubiläumsfeierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen mit 130 Gästen im Kurhaus.
Raiffeisen, der Begründer des Genossenschaftswesens, hatte vor 160 Jahren die Idee, Menschen sollten sich zusammentun, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Mit den Gedanken von Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit habe diese Idee historische wie moderne Bedeutung zugleich, sagte der Vorstandschef der GBW, Reinhard Schneider.
Eine Bestätigung lieferte die geschäftsführende Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen an der Uni Münster, die Professorin Theresia Theurl, mit ihrem Vortrag „Member Value – Basis für nachhaltige Partnerschaft“. Wie jeder Betrieb müsse auch eine Baugenossenschaft wirtschaftlich arbeiten. Ihr Erfolg hänge von der Fähigkeit ab, sich sukzessive zu wandeln, sich dabei aber treu zu bleiben. Ihr Erfolg gründe sich auf der Überschaubarkeit. Man kenne die Verantwortlichen und wisse um Zuständigkeiten. Ihr Handeln sei langfristig angelegt.
Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Stöhr (CDU) unterstrich dies mit seinem Dank, die GBW mit ihren derzeit 1500 Mitgliedern begleite „seit 100 Jahren die gute Entwicklung der Stadt“. Die Wohnungsnot sei 1908 groß gewesen, als „beherzte Männer die GBW gründeten und sich um Bauland kümmerten, um Häuser errichten zu können“. Dass im selben Jahr in der Schweiz das erste offizielle Fußballländerspiel eines deutschen Teams ausgetragen worden sei, sei ein Sinnbild für den Teamgeist in beiden Bereichen und für die Erfolgsgeschichte, auf die heute sowohl die GBW als auch der deutsche Fußball zurückblicken könnten.
Als die GBW 1908 gegründet wurde, hatte sie zunächst keinen eigenen Wohnungsbestand, sondern konzentrierte sich bis 1958 – genau bis zur Halbzeit ihres Bestehens – auf den Bau von Eigenheimen für die Mitglieder. Erst von 1963 an wurde der Bau von Genossenschaftswohnungen als Mietwohnungen begonnen, so dass bis heute 669 Wohnungen in 63 Häusern vorhanden seien, so Schneider. 1984 habe die GBW die Errichtung von Eigentumswohnungen in ihre Aktivitäten mit aufgenommen. Die Verwaltung habe sie bis heute inne.
Derzeitiger Arbeitsschwerpunkt sei die Modernisierung der in die Jahre gekommenen Wohnungen. Dafür seien in sechs Jahren 7,5 Millionen Euro investiert worden. Zum Vorteil der Bewohner seien Energieeinsparungen von bis zu 48 Prozent erreicht worden. Die Kosten hätten sich damit zwischen 320 und 660 Euro pro Jahr reduziert. Schneider betonte, dass Aufträge vorzugsweise an einheimische Betriebe vergeben würden.
Das GBW-Geschäftsguthaben belaufe sich, so Schneider, auf knapp 2,2 Millionen Euro, was einem Kapital von 1444 Euro pro Mitglied entspreche. Ältestes GBW-Mitglied sei die Stadt Vilbel, die seit 1941 mehr als 3000 Geschäftsanteile halte. (bep)