Lichtblicke auf dunkle Zeiten bietet die Ausstellung Frauen im Mittelalter im Kurhaus. Jenseits der Klischees zeigt sie, dass die Frauen damals trotz männlicher Bevormundung einige Nischen fanden, im Handwerk und in Klostern. Doch der Rückblick lässt auch erschrecken. So hatten Ehemänner das Recht, ihre fremdgehenden Frauen zu töten. Und auf dem Land starben viele noch im Kleinkindalter.
Bad Vilbel. Die in Glasvitrinen präsentierten Artefakte im Eingangsbereich des Kurhauses lassen die Mühsal und Not kaum erahnen, die hinter ihrer Geschichte steckt. Es sind symbolische Arrangements, wie die Marienfigur neben einem Federkiel. „Nur im Kloster konnten Frauen Bildung erlangen“, erklärt eine Karte.
Die Ausstellung Frauen im Mittelalter gewährt in den nächsten zwei Monaten exemplarisch Einblicke in eine Zeitepoche, die es so eigentlich gar nicht gab, wie Claus-Günther Kunzmann, Kulturdezernent und Vorsitzender des Geschichtsvereins, zur Eröffnung erklärte. Denn das Mittelalter umfasse „eine riesige Zeitzone von tausend Jahren“. Doch „weibliches Leben im Mittelalter konnte wesentlich vielfältiger und aufregender sein, als uns heute bekannt ist“, sagte Kunzmann zur Eröffnung der Präsentation.
Zum Thema wird es, weil bei den Burgfestspielen das Historiendrama „Die Päpstin“ auf dem Programm steht – eine Legende zwar, die aber ins Jahr 814 zurückführt. Eine Zeit, über die noch immer wenig bekannt sei, erläutert Kunzmann. Die meisten Quellen über das damalige Leben seien klerikalen Ursprungs, die wenigen weltlichen Darstellungen gäben „oft nur Wunschbilder“ wieder.
Bildung fehlte häufig
Dominant war damals die Rolle der Kirche. Auch da zeigt die Ausstellung harte Fakten auf. Noch im frühen Mittelalter hätten Männer das Recht gehabt, ihre Frauen wegen Ehebruchs zu töten. Die Männer selbst konnten sich hingegen in solchen Fällen einfach freikaufen.
Ab dem 12. Jahrhundert sei es üblich gewesen, dass Stadträte, Landesherren oder sogar kirchliche Organisationen Bordelle gründeten, steht zu lesen. Damit habe man Triebe und Geschlechtskrankheiten unter Kontrolle stellen wollen. Prostituierte waren an ihren „Schandfarben“ erkennbar, in Frankfurt an einem gelben Saum.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht jedoch der große Bereich handwerklicher Aktivitäten, den sich die Frauen erobern konnten – vor allem, nachdem die Pest in der Mitte des 14. Jahrhunderts den männlichen Arbeitsmarkt leer gefegt hatte. In den Vitrinen liegt eine Spindel mit einer Wollmütze. „Alle Berufe in der Textilverarbeitung wurden fast ausschließlich von Frauen ausgeübt“, sagt Kunzmann. Aber auch im Metall-, Holz- oder Bäckerhandwerk waren sie tätig. In Frankfurt, schildert Kunzmann, seien von 1320 bis 1500 etwa 200 Berufe auch für Frauen nachgewiesen. In den Städten wurden im 12. und 13. Jahrhundert Frauen aus der städtischen Mittelschicht oder der Oberschicht der Patrizier als Kauffrauen selbstständig. Auf dem Land bestritten Bäuerinnen den Kleinhandel als „Hökerinnen“, trugen Waren zu Märkten. Eine Besonderheit war das Bierbrauen, im Mittelalter eine Frauenaufgabe. Eine Vitrine präsentiert die zahlreichen Zutaten, darunter Zimt, Beifuß, Heidekraut, Eichenrinde und Mädesüß. Bier sei im Mittelalter das wichtigste Getränk gewesen, Brunnenwasser war oft verunreinigt, Wein zu teuer. Doch bei den Zutaten konnte manchmal etwas schiefgehen, eine Vergiftung zog Böses nach sich. Erst 1591 wurde die letzte „Brauhexe“ verbrannt.