Die im Georg-Muth-Haus untergebrachten Flüchtlinge hatten eine Woche vor Ostern die Nachbarschaft und die ehrenamtlichen Helfer zum Nouruz-Fest (Neujahrs- und Frühlingsfest) eingeladen. Bei jeweils landestypischen Speisen, Musik und Tänzen fand ein reger Austausch statt als ein erster Trittstein zur Integration. Mit etwa 250 Besuchern und Gästen war das Foyer des Heilsberger Bürgerhaus überfüllt.
Bad Vilbel. Najibullah Alizay lebt seit Ende des vergangenen Jahres mit 51 weiteren Flüchtlingen aus Afghanistan, Irak und Iran im Georg-Muth-Haus auf dem Heilsberg. Der junge Afghane, Mitte zwanzig, las von einem zerknitterten Blatt Papier Dankesworte an die Flüchtlingshelfer und die Stadt Bad Vilbel ab. „Wir danken, dass wir hier wohnen dürfen“, sagt er. „Das Wichtigste ist der Mensch“, hebt er in gebrochenem Deutsch hervor, und die Religionsfrage ist für ihn „nicht wichtig“, weil er „nicht weiß, was der richtige Gott ist“.
Ausnahmslos sind es junge Männer, die gegenwärtig im Heilsberger Bürgerhaus eine vorläufige Bleibe gefunden haben. Ein Haus, das selbst wie auch der Stadtteil auf der Vilbeler Höhe an die Geschichte der Flucht und Vertreibung, an zerstörte Heimat und Kulturen und Bräuche sowie Feste erinnert. So war es am Sonntag vor Ostern das Frühlings- und Neujahrsfest Nouruz, das die jungen Flüchtlinge zum 20. März im Foyer des Georg-Muth-Hauses feierten. An einer improvisierten Tafel boten die Flüchtlinge ihre landestypischen Speisen an.
Süßes Gebäck und Reispudding, Sesam- und Fladenbrote wurden gereicht, dazwischen Blumenschmuck mit Hyazinthen und Kräutern. Gespendet wurden diese Lebensmittel von Bad Vilbeler Geschäften und Restaurants. Aber nicht nur landestypische Gerichte boten die Gastgeber. Ausgelassene Tänze, kurzweilige Sketche und Pantomimen sorgten für Heiterkeit und gute Laune bei den Gästen aus der Nachbarschaft und den Flüchtlingshelfern.
Gute Nachbarschaft
Wichtig sind derzeit die „Öffentlichkeit und die Kontakte zur Nachbarschaft“, sagte Anja Jazayeri, die als Patin die Flüchtlinge auf dem Heilsberg betreut. Das Neujahrsfest, das im persischen Raum eine hohe Bedeutung habe, biete sich hierfür an.
Die Unternehmerfrau Jazayeri beherrscht die persische Sprache und steht als Ansprechpartnerin und Beraterin den Flüchtlingen zur Seite. Der Erwerb der deutschen Sprache sei derzeit das Wichtigste zur Integration. Wie schwer dieser Weg in eine fremde Kultur in einem fremden Land ist, davon berichtete Quoc Phong Pham, der einst als „Boatpeople“ nach Deutschland kam.
„Das dauert zehn Jahre“, sagte der gebürtige Vietnamese, der nach seiner Flucht eine Lehre als Elektriker bei Siemens absolviert und nach dem Abitur Informatik studiert hat. Viele von den Flüchtlingen müssten noch „die rosarote Brille absetzen“.
Heute engagiert er sich in der Flüchtlingshilfe, nicht zuletzt als stellvertretender Vorsitzender im Ausländerbeirat. Das „Mitgestalten und Teilnehmen im Alltag“ ist ihm zur Integration entscheidend. So werde man im Rahmen der Flüchtlingshilfe zum Quellenfest am 15. Mai im Programm vertreten sein. Etwa 350 Flüchtlinge leben derzeit in Bad Vilbel. Erwartet werden noch etwa 600 Zuweisungen bis zum Jahresende, wobei der genaue Zeitraum noch nicht feststeht.
Nicht krankenversichert
Dies könne durchaus bedeuten, so Flüchtlingspatin Jazayeri, dass in der vorübergehenden Flüchtlingsunterkunft im Georg-Muth-Haus mit längeren Verweilzeiten und aufenthaltsgerechteren Umbauten zu rechnen sei.
Für die Sicherheit sorgt ein privater Sicherheitsdienst. Tagsüber stehe ein Wachmann, nachts zwei Wachmänner zur Verfügung, erläutert Wachmann Pavyani Abdul Ghafar. Nicht immer gehe das beengte Leben in der Halle stressfrei ab. Aber große Probleme seien bisher nicht vorgekommen, „auch keine Störungen von außen“.
Nicht nur für den Sicherheitsdienst werden die Wachmänner in Anspruch genommen. Auch bei in der Nacht auftretenden Gesundheitsproblemen und die ärztliche Versorgung müssen sie bereit sein. Es fehle an Dolmetschern gegenüber den Ärzten bei akuten Notfällen, dann sei oft die Finanzierungsfrage ungeklärt. Denn krankenversichert sei bei den Flüchtlingen zurzeit keiner, so Wachmann Ghafar.