Karben. Noch viele Dinge sind zu klären, ehe die ersten Karbener Wohnungen mit der Abwärme des neuen Rechenzentrums bei Rendel geheizt werden können. Bürgermeister Guido Rahn nannte sie am Donnerstag vor dem Stadtparlament. Auch die Zukunft des Rendeler Hofs und der evangelischen Gemeindehäuser in Groß-Karben und Okarben kam zur Sprache.
Direkt neben dem Umspannwerk südöstlich von Rendel wird ein Rechenzentrum entstehen. Die Stadt hat sich im vorigen Jahr darüber mit den Investoren geeinigt – auch in der Hoffnung, die Abwärme der Großcomputer für Wohnungen und Betriebe in Rendel nutzen zu können.
Das Zentrum wird nicht vor 2027 in Betrieb gehen, berichtete der Bürgermeister am Donnerstag auf eine Anfrage der Grünen. Denn zuvor müsse der Umbau des Umspannwerkes beendet sein. Der Betreiber der 2500 Quadratmeter großen Anlage stehe noch nicht fest.
Unklar ist laut Rahn auch noch, wer das angedachte Fernwärmenetz betreiben soll. In einer Machbarkeitsstudie werde gerade untersucht, mit wie viel teilnehmenden Haushalten die mehr als zwei Kilometer lange Zuleitung und die Hausanschlüsse wirtschaftlich wären. Die Stadt könnte den Bau aus den Erlös des Grundstücksverkaufs eventuell mitfinanzieren.
Was passiert mit der Wärme im Sommer? wollten die Grünen wissen. Die Antwort des Magistrats: »Es gibt Beispiele, in denen die Wärme für die Trocknung von Getreide, Holz, Sand, Kies genutzt wird oder für die Zucht von Algen, Garnelen aus Aquakultur oder den Betrieb von Gewächshäusern.« Tatsächlich ist etwa die Hälfte des 4,9 Hektar großen Areals am Umspannwerk früher von einer Gärtnerei genutzt worden. Dort kann sich der Magistrat die Ansiedlung von Firmen vorstellen, die die Rechner-Abwärme ebenfalls nutzen würden. Das Rechenzentrum selbst wird laut Guido Rahn etwa 90 Arbeitsplätze zwischen Rendel und Büdesheim schaffen.
Stillstand am einstigen Rendeler Hof
Auch die Ruine des Rendeler Hofs beschäftigte am Donnerstag die Stadtverordneten. Das 2017 geschlossene Traditionslokal an der Ortsdurchfahrt des 2200 Menschen zählenden Stadtteils ist entkernt. Der einstige Gastgarten ist verwildert, der Saal abgerissen. Was die Stadt zur Beseitigung des »ortsbildprägenden Schandflecks« tue, wollte die SPD per Anfrage wissen.
Die Antwort: »Die Wohnungsbaugesellschaft hat den Eigentümer des Rendeler Hofs kontaktiert und einen Kaufpreis angeboten.« Doch der habe so viel Geld gefordert, dass man sich nicht einigen konnte. Die Differenz sei sechsstellig. Man bleibe in Kontakt und werde »zu gegebener Zeit erneut das Gespräch suchen«. Seit 2020 gehört das frühere Lokal der 2019 gegründeten Immobilienfirma Lebendauer aus Hanau. Die widmet sich laut eigener Homepage dem Bau von Wohnungen. Doch auf Nachfrage dieser Zeitung klingelte das Telefon am Donnerstag ins Leere.
Sehr gut erreichbar ist dagegen Ina Lauster-Ulrich, die Vorsitzende des evangelischen Gesamtkirchenvorstandes. Sie muss das Gebäude des evangelischen Kindergartens in Groß-Karben loswerden, weil die Landeskirche ab 2030 keine Sanierungen mehr bezahlt. Den Kita-Betrieb will die Kirche laut Lauster-Ulrich fortführen. Die Stadt könnte sich einen Kauf des Gebäudes vorstellen, deutete Bürgermeister Rahn am Donnerstag an.
Auch für den Kauf von Wohngebäuden der Kirche sei man offen. Laut Ina Lauster-Ulrich muss sich die Gemeinde beispielsweise vom Pfarrhaus in Petterweil trennen. Es wird zum Jahresende frei, weil dann Pfarrer Michael Neugber in den Ruhestand wechselt. Ob die Wohnungsbaugesellschaft der Stadt es kauft, hängt laut Bürgermeister Rahn von weiteren Gesprächen ab.
Bedeckt hielt sich der Verwaltungschef am Donnerstag im Blick auf die Zukunft der ebenfalls zum Verkauf stehenden evangelischen Gemeindehäuser in Okarben und Groß-Karben. Er wolle abwarten, welche Gebäude auch die katholische Kirche in Karben loswerden wolle.
Gespräche über
ev. Gemeindehäuser
Die beiden evangelischen Gemeindehäuser entstanden um 1980 und sind stark sanierungsbedürftig, sagt Ina Lauster-Ulrich. Dabei werde das Gemeindehaus in Groß-Karben noch rege genutzt. Am 3. Juni will sie mit Interessierten Gemeindemitgliedern überlegen, ob und wie sie zu retten seien. Sie wisse, dass manche Vereine einen Platz für Treffen brauchen.
Nicht nur die Kirchen – alle Grundbesitzer in Karben müssen in den nächsten Monaten mit einem Grundsteuerbescheid rechnen. Die Steuer wird bundesweit nach neuen Kriterien berechnet. Dafür muss das Finanzamt der Stadt noch 3577 Datensätze liefern, teilte der Bürgermeister auf SPD-Anfrage mit.
Zu erwarten sei, dass die Eigentümer von alten Häusern künftig mehr zahlen als bisher. Insgesamt will die Stadt nicht mehr Geld aus der Grundsteuer eintreiben als bisher.
Von Klaus Nissen