Im Fernsehen jagt eine Kochshow die nächste. Essen oder anderen beim Kochen zuzusehen, scheint uns wichtig zu sein. Gleichzeitig scheinen wir beim Essen auch alles falsch zu machen: zu viel, zu fett, zu ungesund und zu schnell. Bei so viel Bedenken, vergeht mir fast die Lust am Essen, Kochen und am Genießen. Aber nur fast.
Allerdings wurde in der Kirche nicht auch dauernd das Essen verboten? War das Jahr nicht voller Fastenzeiten? Die Passionszeit, alle Freitage, ganz früher die Adventszeit und noch einige andere Fastenzeiten wies die Kirche früher aus. Manche dieser Bräuche gibt es heute noch und die Christen und Christinnen der orthodoxen Kirchen fasten immer noch häufiger und strenger als es z.B. in der evangelischen Kirche üblich ist. Aber das Christentum hat nicht nur die Fastenzeiten eingesetzt, sondern vor allem die Festzeiten: Weihnachten und Ostern zuerst. Da wurde und wird gefeiert und gut gegessen. Übrigens dauern beide Feste dem Kirchenjahr gemäß nicht nur ein paar Tage, sondern mehrere Wochen: Weihnachten bis Epiphanias und Ostern bis Himmelfahrt.
Fastenzeiten wurden von Festzeiten abgelöst und ich finde, beides gehört zusammen. Ich möchte das Leben genießen und Gott dafür danken, jetzt in der Osterzeit für das neu geschenkte Leben durch die Auferstehung. Das möchte ich feiern und dazu gehört für mich auch schönes und gutes Essen.
Wer nun meint, das würde zu Jesus Lebensstil doch schlecht passen, der irrt. Das erste Wunder, das von Jesus im Johannesevangelium berichtet wird, ist ein Weinwunder: rund 70 Liter Wasser hat Jesus in Wein verwandelt und zwar ausschließlich zum Feiern. Seine Gegner nannten ihn Fresser und Säufer. Zu einem Asketen passt das schlecht. Allerdings wird von Jesus auch berichtet, dass er fastete. Er hat gefastet und verzichtet und gefeiert und genossen. Das Kirchenjahr versucht dies abzubilden.
Wir leiden heute keine Not mehr und müssen darum auf Essen nicht verzichten. Das ist gut so. Aber das heißt ja nicht, das alles was möglich ist, auch gut tut. Nach Zeiten des Fastens kann ich gutes Essen umso mehr genießen. Manchmal brauche ich den Verzicht, um etwas wieder schätzen zu lernen und das gilt nicht nur fürs Essen. Die Bibel schreibt (Prediger 3, 1+4): Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde. (…) Weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit.
In meinem Leben ist es auch so. Manchmal muss ich den Dingen ihre Zeit lassen. Essen und Fasten sollen für mich dazugehören.
Ihre Pfarrerin Ulrike Mey,
Ev. Christuskirche Bad Vilbel