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Fasten einmal ganz anders

Die lauen Fastnachtstage sind vorüber, das Konfetti wurde weggekehrt und die Närrinnen und Narralesen haben ihre Kampagne beendet. Statt des bunten Treibens steht nun die Fastenzeit im Vordergrund. Die sieben Wochen vor Ostern werden nicht nur von engagierten Christinnen und Christen genutzt, um sich auf das Wesentliche im Leben zu besinnen. Auch weltlich eingestellte Menschen lassen sich in diesen Tagen inspirieren, durch einen Verzicht auf Liebgewonnenes einen neuen Blick aufs Leben zu bekommen.

Dabei ist den meisten schnell klar, dass Verzicht nicht gleich Verlust bedeutet. Im Gegenteil: Sich etwas zu versagen, kann mit einem großen Gewinn einhergehen. Traditionell verabschieden sich viele in der Fastenzeit vom Fleischgenuss. Daher kommt auch der Name der tollen Tage: „Karneval“ rührt vom Lateinischen „carne vale“ her, was so viel bedeutet wie „Tschüss, Fleisch!“ Und wer freut sich nicht an Ostern darüber, nach anderthalb Monaten des Fleischverzichts ein paar Kilo weniger auf der Waage angezeigt zu bekommen?

Andere verzichten auf Schokolade, Zigaretten oder Alkohol. Der Gewinn ist unmittelbar zu sehen: Die Gesundheit dankt es jedem, der die Fastenzeit – ob mit oder ohne religiösen Motiven – nutzt, um etwas kürzer zu treten. Und nicht zuletzt ist es ein ungemein gutes Gefühl, am Ende sich sagen zu können: Ich bin stark geblieben, ich habe mich selbst überwunden! Dieses Selbstbewusstsein ist die eingesparten Gläser Wein, Glimmstengel und Schokoriegel doppelt und dreifach wert. Schließlich gilt: Man sollte nicht so fasten, dass es einem weh tut, sondern so, dass es einem gut tut.

In diesem Jahr habe ich mir allerdings etwas völlig Neues vorgenommen, auf das ich verzichten will. Vielleicht haben Sie ja Lust, mitzumachen? Zum einen versuche ich mal bis Ostern ohne Plastik zu leben. Es wird nicht vollständig klappen, aber allein der Versuch führt mir schon vor Augen, was für ein Problem der Plastikmüll in unserer westlichen Welt darstellt. Dabei wissen wir doch eigentlich, dass Plastik ein globaler Umweltkiller ist, den es zu bekämpfen gilt! In der Donau, so war vor wenigen Wochen in der Presse zu lesen, schwimmt bereits mehr Plastik als Fisch. Jeden Tag schwemmt sie über vier Tonnen Plastikmüll ins Schwarze Meer. Jeden Tag!

Mikroskopische Plastikteilchen finden sich schon längst in unzähligen Fischlarven. Dass dieses Problem dadurch eines Tages auf den Menschen zurückfällt, ist offensichtlich. Dabei wäre es so einfach, die eigene Mitschuld wenigstens ein bisschen zu reduzieren. Indem wir zum Beispiel Wurst und Käse im Supermarkt an der Theke kaufen anstatt zur abgepackten Ware im Regal zu greifen. Indem wir das Obst lose kaufen und in einem Stoffbeutel mit nach Hause nehmen, anstatt nach jedem Pfund in einer separaten Plastikschale zu greifen. Indem wir nicht jede Kleinigkeit in eine Tüte stecken lassen, sondern Dinge auch schlicht einmal in der Hand behalten, bis wir sie zu Hause ablegen können.

Diese Art des Fastens kann am Ende auch ganz schön anstrengend sein. Und vielleicht sogar frustrierend. Weil ja eh nicht immer alles so klappt, wie wir uns das vorgenommen haben. Aber das gute Gefühl, die Welt dadurch zu einem besseren Ort zu machen, ist die Anstrengung wert. Versprochen!

Ihr Ingo Schütz, Pfarrer der

Ev. Christuskirche Bad Vilbel