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Fälscher-Razzia

Bei einer groß angelegten Razzia wurden am Dienstag rund 100 Objekte im Rhein-Main-Gebiet durchsucht, darunter auch eines im Bad Vilbeler Stadtteil Gronau. Der Verdacht der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt: Fahrkartenfälschung – und das im großen Stil.

Bad Vilbel/Karben. Mehr als 500 Beamte der Bundespolizei waren am Dienstag im Einsatz, um zahlreiche Wohnungen im gesamten Rhein-Main-Gebiet zu durchsuchen. Im Fokus ihrer Ermittlungen: Eine systematisch organisierte Bande, die unter anderem Fahrkarten der Deutschen Bahn gefälscht haben soll. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt derzeit wegen „des Verdachts der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung, Hehlerei und des Diebstahls“, erklärt Günter Wittig, Leitender Oberstaatsanwalt. „Die Schwerpunkte lagen dabei in Frankfurt und dem Vordertaunus, aber auch in anderen Teilen des Rhein-Main-Gebiets wurden verdächtige Wohnungen durchsucht.“

100 Beschuldigte

Rund 100 Beschuldigte stehen im Fokus der Ermittlungen, weil sie Fahrkarten der Deutschen Bahn gefälscht haben sollen – und das im großen Stil. Täglich soll die Bande seit Mitte 2011 bis zu 100 Fahrkarten, meist Monatskarten, verkauft haben. Um diese zu drucken, benutzten die Fälscher Original-Blanko-Fahrscheine sowie Original-Fahrscheindrucker der Bahn.

Mehr als 20000 dieser Blanko-Scheine soll die Bande bereits verarbeitet haben. Ein ehemaliger Mitarbeiter eines DB-Stores im Taunus hat dazu Original-Fahrscheinrollen in zwei Verkaufsstellen im Rhein-Main-Gebiet entwendet. Der Deutschen Bahn, VGF und RMV sollen dadurch mindestens eine Million Euro Schaden entstanden sein.

In einer „akribischen Ermittlungsarbeit“ seien die Bandenstrukturen rekonstruiert worden. „Der Einsatz war monatelang vorbereitet“, erklärt Wittig. Wie genau man auf die Bande aufmerksam geworden sei und wie diese organisiert sei, könne er aus ermittlungstaktischen Gründen jedoch nicht sagen. Am Dienstag haben die Beamten der Bundespolizei dann die Objekte – „hauptsächlich Privathäuser, aber auch Geschäftsräume“ – durchsucht. So wie in Gronau: Hier haben Beamte bereits am Dienstagvormittag begonnen, ein Einfamilienhaus in der Neuen Straße zu durchsuchen.

Während drei Polizisten am Esstisch die ersten Ordner sichteten, durchsuchten Kollegen den ersten Stock. Sogar die Post durfte nicht mehr persönlich entgegengenommen werden, der Briefträger händigte sie der Polizistin aus.

Laut Polizei seien weitere Häuser in Bad Vilbel sowie eine Wohnung im Karbener Ortsteil Okarben betroffen gewesen, genaue Angaben zu den Adressen konnten bei Redaktionsschluss jedoch nicht gemacht werden.

Am Nachmittag waren die Hausdurchsuchungen dann abgeschlossen, nun folgen Zeugenvernehmungen und die Sichtung der Beweismittel. „Die Hausdurchsuchungen waren ein voller Erfolg“, fasst Oberstaatsanwalt Wittig zusammen. „Wir konnten umfangreiches Beweismaterial sicherstellen, darunter Tausende Blanko-Fahrscheine, 100000 Euro Bargeld, rund 60000 Euro Wertgegenstände, bis hin zu Bestelllisten von Endkunden.“

Hehler-System

Der Vertrieb der Fahrkarten sei über ein ausgeklügeltes Hehlerei-System erfolgt, erklärt Wittig. „Es gab einen Großhehler, der über verschiedene Zwischenhändler an den Endkunden verkauft hat – ähnlich wie beim illegalen Zigarettenhandel.“ So seien die Karten unter anderem auch in einer Pizzeria verkauft worden. „Die Preise lagen dabei immer mindestens 50 Prozent unter dem wahren Wert“, erklärt Wittig. So sei eine Monatskarte, die bei der Bahn 240 Euro kostet, laut Wittig folglich für 120 Euro oder gar weniger verkauft worden.

Der Hehler an der Spitze der Kette sei neben dem ehemaligen Bahn-Angestellten und vier anderen Hauptverdächtigen, alle zwischen 23 und 26 Jahre alt, bereits festgenommen worden. Sie wurden sofort der Haftrichterin vorgeführt.