Karben. Dieter Eitel ist ein vorsichtiger Mensch. Weshalb er sich auch noch nicht traut, sich zu freuen: Die Esche vor seinem Grundstück in Rendel soll gefällt werden. Das hat die Karbener Stadtregierung beschlossen. Magistratssprecherin Susanne Schubert bestätigt diese Nachricht von Rendels Ortsvorsteher Erhard Menzel (CDU).
Dass der mehr als 62 Jahre alte Riesenbaum nun wohl der Kettensäge zum Opfer fällt – Eitel und seine Nachbarn wünschen sich das seit langem. Schon vor einem Jahr beklagten sie sich gegenüber der Zeitung über die Esche. Nicht etwa, weil sie die Natur nicht mögen. Rentner Eitel bezeichnet sich selbst als „naturverbundener Mensch“, er liebt seinen Garten, züchtet Tauben, ist Mitglied im Naturschutzbund. Doch die Esche im Gronauer Weg mitten in der Wohnbebauung bereitet ihm und seinen Nachbarn nur Sorgen – und sie kostet viel Geld. Nicht nur den Anwohnern, wenn sie immer wieder Dächer reinigen, Mauern in Stand setzen und Hoftore erneuern lassen müssen. Auch der Steuerzahler muss immer wieder ran: Wenn die Blätter des Baumes Regenrinnen verstopfen, wenn Wasserrohre von Wurzelwerk befreit, Gasleitungen speziell gesichert werden müssen. Erst im August hatten Wurzeln die Abwasserleitung durchbohrt und den Durchfluss gestoppt.
Dass wieder Kosten auf die Stadt zukommen, scheint nun den Ausschlag gegeben zu haben, warum sich im Magistrat eine Mehrheit für das Fällen der Esche fand: Mit sechs zu drei Stimmen votierten alle ehrenamtlichen Stadträte für das Fällen. Nur die Hauptamtlichen – Bürgermeister Roland Schulz (SPD), Erster Stadtrat Gerd Rippen (Grüne) und Stadtrat Jochen Schmitt (SPD) – stimmten laut Informationen der FNP dagegen. Bürgermeister Schulz bestätigt diesen Beschluss lediglich allgemein und verweist für weitergehende Details an seinen Baudezernenten, der derzeit erkrankt ist. Schulz unterstreicht allerdings, dass der Beschluss gegen seine Stimme fiel.
Der Beschluss ist damit politisch pikant: Eigentlich haben SPD und Grüne mit fünf Vertretern eine Mehrheit im neunköpfigen Magistrat. CDU und FWG stellen vier Stadträte. Demnach müssen nun auch die beiden SPD-Stadträte Regina König-Amann und Adolf Koch fürs Fällen votiert haben – und gegen ihren eigenen Bürgermeister.
Dass sein Fäll-Wunsch ein solches politisches Ausmaß bekommt, ist Dieter Eitel eher unangenehm. „Ich hoffe, dass sich jetzt endlich etwas tun wird.“ Einmütig hatte sich der Rendeler Ortsbeirat hinter die Forderung der Anwohner gestellt. Deshalb findet es Ortsvorsteher Menzel auch „eine schöne Sache“, dass „endlich der Beschluss des Ortsbeirates umgesetzt wird“. Die Anwohner seien nun sehr erleichtert und in Rendel gebe es einen Streitpunkt weniger, findet er.
Rippen lehnt das Fällen ab, weil der Baum gesund und zudem ortsbildprägend sei. Im Rathaus habe man „jede Menge Zuschriften“ erhalten von Bürgern, die begrüßten, dass der Baum erhalten werde, berichtet Sprecherin Schubert. Anwohner Eitel aber hält dagegen: Weder sei die Esche ortsbildprägend, noch habe sie die Chance, Naturdenkmal zu werden. „Der Baum kann gefällt werden, was auch schon vor zwei Jahren der Stadt von der Naturschutzbehörde mitgeteilt worden ist.“ Nachdem sich den Sommer über nichts tat, sprach Eitel Ende Oktober nochmals bei Stadtrat Rippen vor. Danach war wieder Funkstille – bis Eitel jetzt vom Fäll-Beschluss überrascht wird. Demnach soll die Esche nun „umgehend“ gefällt werden. Warum, wann und wie das geschehen wird, kann Schubert nicht sagen. Nach Einschätzung von Dieter Eitel aber ist es höchste Zeit. Den Gehweg haben die Wurzeln wieder um 15 Zentimeter angehoben. (den)